Rezension

Elbow

The Take Off And Landing Of Everything


Highlights: Fly Boy Blue / Lunette // New York Morning // Honey Sun // My Sad Captains
Genre: Britpop
Sounds Like: Doves // Coldplay // I Am Kloot

VÖ: 07.03.2014

Es grenzt schon an ein Kunststück, wie es den Briten von Elbow seit Jahren gelingt, sich von Album zu Album ein wenig weiterzuentwickeln, ohne dass sie dabei je Gefahr laufen, ihre treuesten Fans wirklich vor den Kopf zu stoßen. Über Guy Garvey und seine Kollegen hört man zumindest nur ausgesprochen selten Sprüche wie „Früher waren sie so viel besser!“ oder auch „Mit dem neuen Kram kann ich überhaupt nichts anfangen!“. Vielmehr scheint ihr Geheimrezept für langjährigen Erfolg in erster Linie darin zu bestehen, sich musikalisch stets treu zu bleiben und an den eigenen Stärken festzuhalten, auch wenn sie gleichzeitig immer wieder Raum für neue Ideen und kleine Experimente zu schaffen versuchen.

So klingt auch das sechste Album der Band, das etwas ungelenk betitelte „The Take Off And Landing Of Everything“, im Kern unverkennbar nach Elbow. Schon im sachte vor sich hin schwelenden Opener „This Blue World“ kann man trotz der unnötigen Überlänge beruhigt feststellen, dass der unverbesserliche Romantiker Garvey weder seine warme, markante Stimme noch seinen ausgeprägten Sinn für Poesie und Melancholie verloren hat: „While three chambers of my heart beat true and strong with love for another / The fourth is yours forever“. Das hymnische „New York Morning“ – eine Vorabsingle, die man besser nicht hätte wählen können – demonstriert mit fein arrangierten Bläsern und mehrstimmigem Gesang wiederum Elbows altbekannte Vorliebe für große Gesten – jedoch ohne dabei in den Pathos früherer Hits wie „One Day Like This“ zu driften. In eine ganz ähnliche Kerbe schlägt das von trauriger Trompete begleitete „My Sad Captains“, in dem Garvey nebst chorischen „Oh My Soul“-Einwürfen den unvermeidlich scheinenden Verlust alter Freundschaften beklagt.

Das eigentliche Highlight auf dem Album bildet letztendlich aber ein Song, der sich wohl am wenigsten am typischen Elbow-Sound orientiert und stattdessen mit Shuffle-Rhythmen und sprechgesangartigen Strophen experimentiert. „Fly Boy Blue / Lunette“ ist ein herrlich dynamischer Zweiteiler, in dem buchstäblich monotoner Gesang und verzerrter Gitarren-/Saxophon-Noise über ein bezauberndes, von sehnsuchtsvollen Seufzern und „Ooohs“ getragenes Break in das wesentlich melodischer und harmonischer anmutende „Lunette“ überleiten.

Unterm Strich bleiben solch nette Experimente, wie sie auch das sonor vor sich hin summende „Honey Sun“ noch zu bieten hat, aber eher die Ausnahme. Trotzdem oder vielleicht auch gerade deshalb ist und bleibt Elbow eine der zuverlässigsten Bands überhaupt – weil sie schlicht mit jedem neuen Album gute Arbeit abliefert. Dennoch kommt man bei Songs wie zum Beispiel dem siebenminütigen Titeltrack, der nie so richtig abhebt und entsprechend auch keine Punktlandung hinlegen kann, einfach nicht umhin, sich zu fragen, ob die Herren mit etwas mehr Mut nicht womöglich noch weit über sich hinauswachsen könnten. Das Potential dazu ist jedenfalls auch 13 Jahre nach ihrem großartigen Debüt zweifellos immer noch da.

Paulina Banaszek

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