Max Gruber ist noch so jung und wirkt schon wie einer, der ganz lange dabei ist. In seinen Texten beschäftigt er sich mit Fabelwesen in deutschen Wäldern ("Wolpertinger"), den guten alten Zeiten, der (unerfüllten) Liebe. Drangsal, so nennt sich Gruber als Musiker – den Namen hat er von einem Bestattungsunternehmen in Landau geklaut. Landau, das kennt man mittlerweile von Sizarr, die dort aufgewachsen sind. Max Gruber kommt aus dem Nachbarort Herxheim, dessen mittelalterlicher Name "Harieschaim" für den Albumtitel herhalten musste. Während die Musiker sich zu Schulzeiten noch nicht über den Weg gelaufen waren, sind Fabian Altstötter (Sänger von Sizarr) und Max Gruber später in Leipzig zusammen gezogen und haben sich gegenseitig in ihrem musikalischen Schaffen beflügeltet. Über Fabian lernte Max auch Markus Ganter kennen, der "Harieschaim" produziert hat und Max zum typischen Drangsal-Sound verholfen hat.

Dieser Drangsal-Sound ist tief in den 80ern verwurzelt, verehrt die Smiths und The Cure, lässt sich von der Neuen Deutschen Welle beschwingen, und macht doch so ganz sein eigenes Ding. "Will Ich Nur Dich" ist der einzige deutschsprachige Track auf dem Album. Schwer an NDW-Songs erinnernd, weiß man nicht so genau, ob man das nun zu sehr als Schlager sehen oder doch ziemlich gut finden soll. Die interessante Instrumentierung mit Saxofon und allerhand Schlagwerk und der inbrünstige Gesang überzeugen dann aber doch mit ihrer Skurrilität. "Allan Align" ist schon seit Jahren im Internet DER Hit von Drangsal und löste bei seiner Verbreitung Furore über das Mysterium Drangsal aus. Denn viel mehr als diesen Song gab es ganz lange nicht von ihm zu finden.

"Sliced Bread #2" ist der wahrscheinlich experimentellste Song auf dem Album. Großartig vertrackt, abgehackt, mit Vocoder und Hall aufgenommen stampft er sich plötzlich durch das poppig glänzende Gesamtwerk. Mehr solcher Zwischenstücke hätten das Album spannender gemacht – aber auch zu dem, was es nicht sein soll: alternativ. Drangsal will Pop machen, will möglichst vielen gefallen, will ganz nach oben und hat sich bereits mit aller Hingabe auf den Weg dorthin gemacht. Knutschszenen mit Jenny Elvers und zahlreiche Einblicke ins Privatleben gehören zum Marketing dazu.

Max Gruber will provozieren, er will die Figur sein, die kontrovers diskutiert wird, er will der Star sein, an dem man sich ergötzen, oder den man hassen kann. Vorbilder dafür waren schon früh Falco, Morrisey oder auch Marilyn Manson. Was die denken, die ihn nicht mögen, das ist ihm herzlich egal. Die, die ihn mögen, denen wird er dafür seine Liebe schenken. Um es mit seinem eigenen Songtitel zu sagen: "Love Me Or Leave Me Alone"!

Marlena Julia Dorniak

Diskutieren

Lesen

Weitersagen

Finden