Rezension

Dr. Dog

We All Belong


Highlights: My Old Ways // Alaska // Ain't It Strange // Worst Trip // We All Belong
Genre: Psychedelischer Pop-Rock
Sounds Like: Spoon // The Arcade Fire // Neutral Milk Hotel // The Shins // Wolf Parade

VÖ: 18.01.2008

Gibt ja so Platten, die gibt es gar nicht. Auf manche muss man wirklich erst gestoßen werden. Die Band sagt einem gar nichts? Dann schaut man mal im weltweiten Netz nach ein paar Backgroundinfos, findet meistens die entsprechende MySpace-Präsentation und dort oftmals nicht unbedingt die repräsentativen Soundfiles. Irgendwas ist ja immer...Aber nicht bei Dr. Dog! Zunächst fallen da mal die Nicks der Bandmitglieder des Bereitschaftsärzteteams Dr. Dog aus Philadelphia auf. Denn die muten ziemlich eigenartig an - man sollte sie zumindest mal gelesen haben. Und das verbinden wir dann am besten auch gleich mit der Verteilung der Vocals und der Instrumentierung innerhalb der Crew:

TAXI: lead woof+mud distortion guitar, vocals
TABLES: finger bass, vocals, rhythm stomp
TEXT: keyboardings, some guitar/singing
TROUBLE: hammer hands of a surgeon, harmonies, embellishments
THANKS: multi-string guitar, full-grip chords, vocal nuances

Bevor wir dann zum wirklich wesentlichen Punkt kommen, noch der Verweis auf die Bands, die von Dr. Dog als Tourneesupport begleitet wurden: My Morning Jacket // Takers and Leavers // Cold War Kids // The Raconteurs // Magic Numbers und The Black Keys.

Und jetzt das, worauf es ankommt: Der aktuelle Longplayer "We All Belong". Ein Opener, der zunächst mal in die falsche Richtung schickt. "Old News" kann sich zumindest selbst nicht entscheiden, ob es in die totale Schräge abkippen oder nur ab und zu die Arcade-Fire-Hörer um den Finger wickeln soll. Aber damit ist bei "My Old Ways" dann eh erst einmal Schluss. Denn da wird gebeatlet, harmonisch gesungen und handwerklich auf scheinbar simple Weise aber höchst wirksam glücksgeschraubt. Aber ist ja nicht so, dass es nicht weitergeht und sich hier irgendwas wiederholt. "Keep A Friend" ist ein buntes Schichtwerk aus bruchstückhaften Momenten mit Modest Mouse, Wolf Parade, kurz mal Kings Of Leon und dann diese fette Prise Spoon, die sich scheinbar sowieso durch die ganze Platte zieht.

Überhaupt mal. Da schimmert immer wieder etwas Bekanntes durch, wie bei "The Girl". Das erinnert nicht nur im Intro an Beck, an Modest Mouse und später doch auch wieder an Spoon, wird dann Shins und bleibt doch was ganz eigenes. Von dem ähnlich schrägen Text mal abgesehen: Ein Spaß! Einer für Ausdruckstänzer, Sie wissen, was gemeint ist. "Alaska" kommt als dynamischer Bluesrock daher und trägt einen Text, der gelesen werden will. Man kann sich schließlich nicht auf alles konzentrieren. Hier zieht das Retro-Klangwerk in den Bann, die Orgel (zu klasse, oldschool!), zugleich die Stimme (ein Hammer!) und dann dieser krude Text (lesen, nein, hören!).

Geht Calypso-Rumba-Samba-Sound in melancholisch? Es geht - mit "Weekend". Und dann folgt "Ain't It Strange". Wunderbarer Pop mit Schrägfaktor. So schräg, wie man sich Arcade Fire und Flaming Lips zusammen - auf Supertramp oder so in viel zu geringer Upm-Anzahl abgespielt - vorstellen muss. Aber damit nicht genug: Das Ganze wird dann auch noch zum psychedelischen Pop-Trip ausgebaut. Sehr fein! Nach diesem Trip folgt der wirklich beste von all diesen guten Songs auf der Platte: "Worst Trip". Es blasen Bläser, es funkt Funky-Pop mit 60s-Anleihen und es toben kleine musikalische Cake-Ausflippereien auf einem wirklich feinen Beat.

Und dann rumpelt scheinbar träge "The Way The Lazy Do" an. Wieder so was Verrücktes zwischen allen möglichen Stilen und Genres. Arcade Fire, Beatles zu Walrus-Zeiten und Supergrass. Und doch eigen und anders. Und großartig. Genauso "Die Die Die". Ein Tambourin, eine fiese (tolle) Gitarre und Handclaps. Liest sich langweilig? Hören. Und den Text checken. So krass und doch zum Totlachen. Diese Platte endet dann (leider) hier mit dem Titelsong "We All Belong", und der ist John Lennon und kuschelschön und so richtig hippiesk in der Textung. Wunderbarer Pop.

Diese Platte ist so anders. Sie ist Pop, sie ist schräger Pop. Und total abgefahren ist sie auch. Sie ist - und hat - Klasse.

Silke Sprenger

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