Rezension
Demen
Nektyr
Highlights: Niorum // Illdrop // Ambur
Genre: Goth // Drone // Pop
Sounds Like: Planningtorock // Fever Ray // Zola Jesus
VÖ: 19.05.2017
Seine berühmte Odyssee, also die abenteuerliche Heimkehr aus den Trojanischen Kriegen, führte König Odysseus auf dem Schiffswege an der Insel der Sirenen vorbei, die mit ihrem bezaubernden Gesang Seefahrer gegen die Klippen und damit in den Tode zu locken versuchten. Odysseus erfand damals quasi die antike Version der Ohropax und ließ die Ohren seiner Besatzung mit Wachs verschließen. Er selbst ließ sich an den Schiffsmast binden, um das Gesangskonzert auf keinen Fall zu verpassen.
Hätten die Sirenen jemals ein Album aufgenommen, es hätte vermutlich erstaunlich ähnlich geklungen wie das Debüt von Demen, das durch seinen geisterhaften Gesang und seine morbide Schönheit glänzt. Zu schade wäre es, man würde der Schiffsbesatzung angehören und die betörenden Klänge der Schwedin Irma Orm entgingen einem aufgrund verstopfter Ohren.
Bereits mit „Niorum“ injiziert Orm eine erste Dosis Schwermut, die ihre hypnotische Wirkung gefährlich präzise entwickelt. Wenn sich die Stimme der geheimnisvollen Sängerin langsam um einen windet, hilft es nur noch, sich willenlos hinzugeben. Im Gegensatz zur Geschichte unseres antiken Helden lauert ja keine allzu große Gefahr. Oder doch? Mit dem gleichen Song gewann die Sängerin übrigens auch per E-Mail die Herzen ihres Labels Kranky. Auf die Frage, ob sie denn mehr Musik schicken könne, folgte ein einfaches „Yes“. Weitere Stücke folgten über mehrere Jahre und mit „Nektyr“ liegt nun ein ganzes Album vor.
„Nektyr“ mäandert mehrmals zwischen dunkelsten Abwegen am Rande bodenloser Finsternis und klarer artikulierten, melodiösen Passagen. In „Morgon“ wirkt gerade das Nichts, das einen in der Mitte des Songs erwartet, erdrückend schwer. Lynch-eske Momente gibt es mit „Korridorer“ oder „Ambur“. „Illdrop“ verführt mit seiner subtil-verschleppten Rhythmik und erschlägt durch seine sich elektrisiert aufstellenden Synthie-Wände. Doch auch wenn Orm einmal ihren Schleier aus verhallten Vocals ablegt, verzaubert sie noch, wie in dem Beinahe-Schlaflied „Mea“. Ein gelungenes, atmosphärisches Debüt. Man halte es mit Odysseus und setze sich dem düsteren Goth-Pop Demens aus.
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