Rezension

Crystal Fighters

Star Of Love


Highlights: Xtatic Truth // I Do This Everyday // Follow
Genre: Indietronic
Sounds Like: Kitsuné Maison Compilations // Kele // Late of the Pier // Santigold // autoKratz // Bob Sinclair

VÖ: 21.01.2011

Im Indietronic-Bereich ist es schwer, nicht in der Masse unterzugehen. Mit dieser Problematik werden sich auch Crystal Fighters, ein im Londoner East End beheimatetes Quintett, auseinandergesetzt haben. Die Lösung war gleichermaßen Zufallsprodukt wie glückliche Fügung, ohne die die Band in der Form wohl gar nicht existieren würde: In ihrer baskischen Heimat entdeckte Sängerin Laure beim Aufarbeiten des Nachlasses ihres Großvaters eine unvollendete Oper, die jener im geistig bereits deutlich gezeichneten Zustand geschrieben hatte. Name des Werkes (wie sollte es anders sein): Crystal Fighters. Bandname, Konzept ("Basquetronic") und Ideen für einige Songs waren gefunden. Basquetronic meint im Wesentlichen elektronische Tanzmusik unter Einbindung traditioneller baskischer Instrumente (insbesondere Percussion). Auch spanische Gitarren sind in mehreren Tracks auf dem Album präsent.

Vergleicht man die doch recht exotische Hintergrundgeschichte der Band und die angegebenen Einflüsse (Oper des verstorbenen Großvaters) mit dem tatsächlichen Output, kommt man schon ein wenig ins Grübeln. Ist etwa alles nur vorgeschoben, um sich auf Biegen und Brechen von anderen Genre-Referenzen abzuheben? So einzigartig, wie zunächst zu vermuten wäre, klingen die Songs, die es auf die Platte geschafft haben, nämlich gar nicht – was aber nicht heißt, dass "Star of Love" deswegen automatisch schlecht wäre. So ist beispielsweise in der Single "Xtatic Truth" nicht viel von baskischen Instrumenten wahrzunehmen, dennoch wird der Song in naher Zukunft die Tanzflächen Europas zu Recht aufmischen. Das darauf folgende "I Do This Everyday" eignet sich dafür – weil ziemlich zerfahren – weniger und klingt wie einer Kollaboration zwischen Santigold und Duchess Says oder ähnlichem Brachial-Elektropunk entsprungen. Dennoch (oder gerade deshalb?) eines der Highlights des Albums.

Doch Crystal Fighters können auch anders – ruhig und entspannt nämlich. "Plage" präsentiert fröhlichen Sommerpop im Bob-Sinclair-Gewand, während "At Home" eine harmonisch-warme Atmosphäre versprüht, die die Behaglichkeit der eigenen vier Wände treffend nachzeichnet. Danach muss man bis zum nächsten Highlight allerdings etwas länger warten und hat auf dem Weg neben okayem Füllmaterial mit dem unfassbar nervigen und miesen "I Love London" sogar ein echtes Ärgernis zu bewältigen. Absolut unverständlich, dass der Track von Kitsuné auch noch als Single aufgelegt wurde. "Follow" als Abschluss und gleichzeitig mit Abstand bester Track des Albums entschädigt aber für jedwede Strapazen, die die Gehöre bis dahin ereilt haben mögen. "Star of Love" ist – konträr zum angekündigten Konzeptalbum – eigentlich eher eine erweiterte Zusammenstellung der Singles der letzten zwei Jahre. Im Grab rotieren würde der opernschreibende Großvater deswegen aber bestimmt trotzdem nicht. Immerhin haben Crystal Fighters ein ordentliches Debüt abgeliefert.

Johannes Neuhauser

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