Rezension

Crippled Black Phoenix

(Mankind) The Crafty Ape


Highlights: The Heart Of Every Country // The Brain / Poznan // Operation Mincemeat
Genre: Prog-Rock // Post-Rock // Hard-Rock // Folk-Rock
Sounds Like: A Whisper In The Noise // Pink Floyd // Nick Cave & The Bad Seeds // Woven Hand

VÖ: 27.01.2012

Korkenzieher raus, Rotwein auf den Tisch und Licht aus – nur so stimmt hierfür die Stimmung. Crippled Black Phoenix ist mal wieder ein herrlich schwermütiger Koloss geglückt. Schon ihr zweites Doppel-Album, passiert halt. Etwa, weil ständig die Mitglieder wechseln? Sänger Joe Volk zum Beispiel, auf „(Mankind) The Crafty Ape“ noch zu hören, ist schon wieder weg. Neu auf diesem Album (und bei Redaktionsschluss auch noch in der Band): der Drummer und die Dame am Keyboard. Eine Band-Drehtür in voller Bewegung.

Der Vorgänger „I, Vigilante“ hatte seine klar rockige Linie, nun gehen die sieben Briten jedem Element ihres Sounds wieder einzeln nach. „Release The Clowns“ ist behäbig groovender Hard-Rock, „The Heart Of Every Country“ hingegen Prog, wie ihn Pink Floyd nicht besser aufs Parkett bekamen. Und dann ist da natürlich „Laying Traps“, das klingt wie eine Trommelparty eines afrikanischen Buschstammes. Eine knappe Spielfilmlänge nehmen sich Crippled Black Phoenix, um die Welt schwarz anzupinseln und das Gemälde zugleich abzufackeln. In „Born In A Hurricane“ suchen beschwörerische Geistergesänge wie bei Woven Hand das Klangbild heim, ins Skurrile ziehen den kompakten Song die jazzigen Bläser. Sind das jetzt King Crimson, oder was?

Crippled Black Phoenix schaukeln dieses totgeweihte Kind über die volle Zeit. Denn obwohl immer wieder vereinzelt Vergleiche aufblitzen, trifft keiner ins Schwarze, geschweige denn die angrenzenden Grauzonen. Bluesige, nie eskalierende Gitarrensoli reißen sich mit Volks hauchigem Gesang um die erste Geige, während unten Rhythmus-Fraktion und brummende Orgeln schleppende Grooves marschieren lassen. Gern wird’s auch mal bizarr, siehe das nach Tequila riechende Interlude „(What?)“.

Nachhaltiger fesselte noch keine Platte dieser Sieben. Der dicksten und detailreichsten Album-Produktion seit ihrem Bestehen sei Dank. Aber auch dem Entdeckerdrang, dem Mut, dem Größenwahn. Crippled Black Phoenix sind von allen dreien getrieben, ihren ständigen Wandel hält einzig die Finsternis zusammen, die hier aus jeder Note fließt. Wehmut, Tragik, Weltschmerz – hier werden Wunden aufgerissen, tief im Unterbewusstsein Begrabenes wird ausgebuddelt. Tut weh und zugleich gut. Ein Kampf mit den inneren Dämonen, der mit Waffenstillstand endet.

Gordon Barnard

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