Rezension

Cold War Kids

Robbers & Cowards


Highlights: Hang Me Up To Dry // Hospital Beds // Hair Down
Genre: Indie-Blues
Sounds Like: Bob Dylan // Pavement

VÖ: 02.02.2007

Ist nicht verwunderlich, dass eine Band wie die Cold War Kids derartige Vorschusslorbeeren kassiert. Die sind durchaus berechtigt. Das Merkwürdige ist viel mehr, dass sie auch noch abseits der positiven Presse durchaus Beachtung bekommen. Ist ja nicht selbstverständlich. Kritikerlob und das Piepsen, wenn der Laser über den Strichcode wandert, gehen nicht immer Hand in Hand. Dabei sind die Cold War Kids nicht mal Abkömmlinge eines längst miefenden Trends. Weder sind sie tanzbar, noch stylisch, weder besonders gutaussehend, noch irgendwas anderes. Was die Cold War Kids ausmacht? Ihr eigener guter Musikgeschmack. Viele Einflüsse hört man raus: Von Bob Dylan zu The Velvet Underground, der Blues ist an jeder Ecke deutlich zu spüren, und manchmal hat man den Eindruck, man hätte es mit schlechtgelaunten Pavement zu tun. Das hier ist zutiefst amerikanische Musik.

"Hang Me Up To Dry" hat einen unwiderstehlichen Flow, einen tollen Refrain, einen unverschämt coolen Bass und die verfluchte Stimme des Sängers Matt Averio, die so hoch hinaus will, wie die Cold War Kids es verdienen. Man höre sich mal die Hits auf dieser Platte an. "Saint John" braucht so ziemlich gar nichts außer einer Brechstange, einer Mülltonne, ein paar Glasscherben und einem ordentlichen Schluck Kentucky-Fusel. Wie, das ist cool? Aber sowas von! "Hospital Beds" klingt wie ein Versuch, mal fröhlichen Pop zu bringen, versteckt aber eine Leiche im Klavier und "God, Make Up Your Mind" ist eine Ansprache an den Herrn, in irgendeinem Loch, mit einer braunen Papiertüte, die schon fast aufgeweicht ist, einem brennenden Filter auf dem Boden, einem langen scharfen Messer und jeder Menge Soul. Wer hat Angst vorm weißen Mann?

Dass "Robber & Cowards" in etwa die amerikanische Gesellschaft widerspiegelt, merkt man nicht erst jetzt. Eine Gesellschaft am Rande der Verzweiflung, geplagt von Demütigung und der Preisgabe der eigenen Würde in der globalen Öffentlichkeit. Das tut weh. Cold War. Ihre Kinder fangen diesen Sound exakt ein, nicht um sich über ihn zu beschweren sondern um ihn zu ästhetisieren. Deshalb heißt dieses Album so wie es heißt. Das wird also aus einer Gesellschaft, der es zu gut geht. Stories from the suburbs: Väter mit Alkoholproblemen, Krankenhausaufenthalte und die Tatsache, dass die Leute die man liebt, ganz andere sind, als die, die man neben sich liegen hat. Tragen vielleicht die gleichen Namen, sehen gleich aus und dennoch sind das ganz andere. Kennt man ja. Den Songs der Cold War Kids wohnt eine ganz bestimme Alltäglichkeit inne. Roh, ungeschliffen, kantig und eben doch fließend und fügsam.

Im Alltag stimmt ja auch vorne und hinten nichts und trotzdem ist die Welt noch nicht untergegangen. Dabei reiht sich ein Kinnhaken an den anderen. Aber die Cold War Kids sind gar keine Pessimisten. Man höre sich mal "We Used To Vacation" an. So klingt doch niemand, der aufgegeben hat, bzw. in allen Dingen das Schlechte sieht. Nein, dieser Song zeugt von einem tiefen Realismus, der trotz aller Schattenseiten durchaus noch Gespür für die helleren Momente hat. Wenn Daddy verspricht, nie wieder zu trinken, nachdem er Mommy vermöbelt hat, dann glaubt man ihm auch, die Flasche ist sowieso schon leer und die Läden haben zu, einen neuen Drink wird er sich ein paar Stunden nicht holen können. Ist das nichts? Genau darum geht es. Auch mal die kleinen Geschenke im Leben anzunehmen. War sowieso blöd, das rechte geschwollene blaue Auge, jetzt sieht das linke wenigstens genauso aus. Ein bißchen Symmetrie im Leben. Das ist doch etwas, immerhin.

Konstantin Kasakov

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