Rezension

Codes In The Clouds

Paper Canyon Recycled


Highlights: Don't Go Awash in This Digital Landscape (Paul Mullen Remix) // You Are Not What You Think You Are (Rival Consoles Remix)
Genre: Post-Rock // Electro
Sounds Like: 65daysofstatic // God Is An Astronaut // Explosions In The Sky

VÖ: 12.11.2010

Gewagt, gewagt: Da händigen Codes In The Clouds ihr Debütalbum „Paper Canyon“ ein paar Szenekumpels und Fans aus, lassen sich digital mächtig aufgemotzte Remixe der Songs zurückschicken und bringen das Ganze als vermeintlich kohärente Platte einfach nochmal raus. Geldmacherei? Mag da so Mancher schreien, aber weit gefehlt. Denn der gesamte Erlös dieser Platte, die schon mit ihrem Titel keinerlei Hehl aus ihrem Mimikrycharakter macht, geht an die Umweltschützer von Friends Of The Earth.

Sympathisch. Und so heilig dieser Zweck da auch sein mag, am Ende des Tages ist Musik nun mal Selbstzweck. Oder würde man als Rezensent ernsthaft die letzte Unheilig abfeiern, weil deren gesamte Einspielungen an Amnesty International gehen? Oben drauf jagt man hier auch noch eine Platte eines Genres erneut durchs Mischpult, das sich dagegen per Definition sperrt: Post-Rock. Soll heißen: lange Spannungsbögen innerhalb von Platten, die erst als Gesamtwerke Sinn ergeben. Da etwas aus der Mitte reißen und den Kontext über Wasser halten? Alles andere als einfach.

Und so geht der Kontext der Urprungsplatte direkt baden, sogar tieftauchen, wenn auf der Tracklist bereits einige Songs mehrmals fürs Neuarrangieren herhalten mussten: "We Anchor In Hope" oder das sogar dreimal vertretene "The Distance Between Us". So bunt der Mix dabei auch ist, vor allem entzerren die Remixe die Ursprungsplatte und mauern ihr ein elektronisches Beatgerüst zurecht. Ausnahme: Der Opener "Don't Go Awash In This Digital Landscape", das Paul Mullen – als Gitarrist der aufgelösten yourcodenameis:milo noch der prominenteste Remixer – obendrein noch mit sphärischen Gesangslinien bestückt. Resultat ist ein Song mit brandneuer Dynamik, durch den sich die Wässerchen im Mund zum See sammeln.

Wenn auch die düster wie luftige Atmosphäre auf diesem recycleten Debüt stimmt, so ist "Paper Canyon Recycled" eher Experimental-Projekt denn Gesamtkunstwerk, eher Songsammlung denn Langspieler. Bei Zeiten etwas diffus, wirkt das vermeintliche Album wie ein zerbrochenenes, dann restauriertes Fenster aus Mosaiken. So manche Stücke passen zueinander, andere fallen besonders auf, weil sie es nicht tun. Und gerade daher ist klar: Die Seele des Originals ist – wohl oder übel – entfleucht.

Gordon Barnard

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