Rezension

Cloud Nothings

Cloud Nothings


Highlights: Been Through // Understand At All // On The Radio
Genre: Power-Pop // Lo-Fi // Punk
Sounds Like: The Descendents // ALL // The Replacements

VÖ: 28.01.2011

DIY(do-it-yourself). Das ist wohl die Abkürzung für den aufkommenden Ästhetik-Begriff der urbanen Schickeria. Wo momentan eine stete Ausweitung auf alle erdenklichen Lebensbereiche stattfindet und Menschen ihre Eier am liebsten selbst legen würden, steht die Wendung für den Musik-Nerd doch eigentlich in einer ganz anderen Tradition. Als der Punk jeden zweiten Hinterbänkler dazu bewegte, sich an elektrischer Gitarre, Bass oder Schlagzeug zu versuchen, war das zumeist alles andere als filigran, dafür umso rotziger oder aufrichtiger. Nicht nur der Punk, sondern später auch Indie-Pop nahm Formen an, die eine bewusste Abkehr von kolossaler Musikproduktion und glamouröser Inszenierung waren.

Ist es vielleicht auch die heutige Musiklandschaft, angefangen bei den pathetischen Arcade Fire bis hin zu The National, die einen dazu verleitet, ein Album aufzunehmen, wie es im vergangenen Jahr der blutjunge Dylan Baldi tat? Kaum etwas war 2010 wohl so DIY wie die Keller-Sessions Dylan Baldis alias Cloud Nothings, welche in Form von „Turning On“ endlich zu Tage traten. Nun geht es ungebremst weiter. Immer noch besingt Dylan seine persönlichen Teenage Kicks und was mit einem maßlosen Blog-Hype um die gelangweilt-rebellische Kompromittierung aller „Cool Kids“ anfing, findet auf dem eigentlichen, selbstbetitelten Debut eine Fortsetzung, welche fortan die Playlists aller College Radios bereichern wird. Waren dort einst die Verlaines oder die Replacements zu hören, gibt es darüber hinaus einen eindeutigen Verweis auf amerikanischen Punk der Descendents oder ALL. Musikalisch wären Cloud Nothings wohl am Beginn der Neunziger besser beheimatet gewesen.

Im Up-Tempo wird im weitesten Sinne Power-Pop dahin geschmettert, der auf der einen Seite den Großen markieren möchte, auf der anderen Seite viel zu schüchtern und unerfahren dazu erscheint, sich in adäquater Form auszudrücken. Die „Raw Power“ wird vorgetragen von einer Person, an der die Gitarre aussieht wie die MP in der Hand eines 10-jährigen. Die Person muss sich eingestehen, dass sie insgeheim doch auf die dreiminütige Pop-Nummer mit der wunderhübschen Melodie steht, die dem von Machismo geprägten Selbstbild aber so gar nicht gerecht werden will.

Es klingt immer noch rudimentär, was Cloud Nothings da treiben, aber eindeutig nicht mehr so unterproduziert wie der Vorgänger, der keiner ist. Das mag mitunter daran liegen, dass die Platte mit Band (also so ganz und gar nicht DIY) eingespielt wurde. Was dem einen Freud, ist des anderen Leid. Das mag sein. Die einen werden sich über endlich gelungenen Pop-Punk freuen, der vergessen macht, zu was Blink 182 oder The Offspring dieses Genre haben verkommen lassen. Andere werden sagen, dass das konsequent "Straighte" in den neuen Songs überhaupt nicht an „Turning On“ anknüpft und zu aufgesetzt wirkt.

Einigen wir uns beim offiziellen Debut von Cloud Nothings darauf: Eine durchweg eingängige Platte, die gelungene Songs und hübsche Ideen enthält, die teils zu einheitlich vorgetragen werden und nicht ganz so intuitiv und lo-fi klingen, wie wir es vielleicht insgeheim gehofft hatten.

Achim Schlachter

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