Rezension
Cass McCombs
Humor Risk
Highlights: The Same Thing // Mariah // Meet Me At the Mannequin Gallery
Genre: Singer-/Songwriter // Lo-Fi-Rock
Sounds Like: East River Pipe // Sebadoh // Smog
VÖ: 04.11.2011
“Well, you can't just explain a joke, can you? Either it isn't funny, or the person just totally missed the punchline.” Singer-/Songwriter Cass McCombs hat seine eigene Vorstellung von humorvollen Dingen. Was soll denn bitte so lustig daran sein, an erdrückenden Songs über Tod, Vergänglichkeit oder Einsamkeit, die "Wit’s End" offenbarte, das letzte, erst in diesem Jahr erschienene Album? Irgendwo darin war er versteckt: Der Humor. Ja, man könnte Songs wie „Buried Alive“ zynischerweise als lustig bezeichnen. Cass McCombs würde das wahrscheinlich sogar tun. „Humor Risk“ oder Humoresque? Ist das nun latent lustig oder laufen wir doch eher Gefahr, uns selbst der Lächerlichkeit Preis zu geben und kassieren verdientermaßen einen Punch für unsere misslungene Punchline? War der Humor auf "Wit’s End" deswegen dermaßen unterschwellig?
Das allein kann aber wohl kaum der Grund für diese zweiteilige Herangehensweise sein, die sowohl „Wit’s End“ als auch nun „Humor Risk“ zeigt. Zwei komplett unterschiedliche Alben haben wir hier, welche sich beinahe wechselseitig die Fragezeichen zuschieben. Dabei ist es fast ein wenig untergegangen, das letzte Album, welches daherkam wie ein von Jim Reid – eine Ähnlichkeit zu McCombs auf dem Cover ist zumindest vorhanden – höchstpersönlich eingespieltes Goth-Album, welches minimalistisch, reduziert und mit Elementen des Post-Rock eine Zeit Post Mortem herbeisehnte. „And Then I See A Darkness“ hätten wir einstimmen können. Ein Album für den Untergang, traurig und schön.
Und „Humor Risk“? Es ist ein Rock-Album geworden. Es ist eingängig, poppig und auch nett anzuhören. Elektrische Gitarren und ein Schlagzeug: In seiner Instrumentierung steht das Album definitiv nahe amerikanischer Lo-Fi-Tradition. Und auch wenn ein Zusammenhang bezweifelt werden darf: das Album klingt, passend zum Karnevalsauftakt, überraschend unbekümmert. Wer hätte das gedacht. Humor? Mc Combs ist und bleibt der introvertierte Typ. Humorvoll ist das Kuriose, das Skurrile, das Paradoxe. „Love Thine Enemy“ beispielsweise thematisiert die Feinde, die man eben so hat, und welche Wertschätzung ihnen eigentlich entgegengebracht werden müsste anstelle derer, welche arschkriechend die ganze Welt zum Freund haben (möchten). ;Humor Risk“ ist alltagsbezogen, oberflächlicher, diesseitiger. Genau das macht die Songs allerdings zu etwas sehr Unverbindlichem, Beiläufigem. Wer Beiläufiges, Eingängiges, Gelangweiltes will, fühlt sich hier halbwegs wohl. Bei "Humor Risk" hält sich durchweg ein niedriger, aber angenehmer Pegel. Die wirklichen Höhen und Tiefen bleiben allerdings aus und das ist sehr, sehr schade. Eine Geschichte wie „Meet Me At The Mannequin Gallery“ ist wahrscheinlich auch im wahren Leben weniger tiefsinnig. Oscar Wilde würde Einspruch einlegen, allerdings nicht in der Einschätzung bezüglich eigener Feinde.
Keiner hätte es treffender formulieren können als Mc Combs selbst: „Wit’s End is like a stew; Humor Risk is the raw food diet.“ Feinde hat sich Cass McCombs mit diesem Album wohl keine gemacht, viele Freunde wird er damit aber auch nicht gewinnen. Für seine Verhältnisse ist dieses Album in jeder Hinsicht Durchsicht. Ein wahrlicher Kontrapunkt gegen jede Erwartung. Das wiederum verleiht dem Album einen berechtigten, edlen Charakter.
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