Rezension

Brand New

The Devil And God Are Raging Inside Me


Highlights: Sowing Season (Yeah) // Jesus Christ // Degausser // Limousine // You Won't Know // Luca
Genre: Emo-Indie-Rock
Sounds Like: Thrice // ...And You Will Know Us By The Trail Of Dead // Sparta

VÖ: 19.01.2007

Zum Zeitpunkt des Verfassens dieser Rezension ist es Mitte Dezember 2007. Die Tage werden immer kürzer, die verbleibende Zeit für die letzten Weihnachtseinkäufe immer knapper und der Schnee lässt natürlich noch immer auf sich warten. Die Veröffentlichung von „The Devil And God Are Raging Inside Me“, das den Inhalt dieser Rezension stellt, liegt jedoch schon knapp elf Monate zurück. Wie also konnte sich ein Album am wachsamen, interessierten Auge der Helga-Kritik vorbeimogeln, das – wie der Kopf der Rezension ja erkennen lässt – qualitativ zu den allerbesten seines Jahrgangs gehört?

Ein Grund hierfür mag sein, dass Brand New aufgrund des Stils ihres zu Recht eher wenig beachteten Debütalbums "Your Favourite Weapon" und Supportslots für Bands wie Dashboard Confessional immer noch gerne in die schwarz-rote Emo(-core)schublade gesteckt werden, eine Schublade also, die abseits einer bestimmten Szene nur wenige vorsätzlich öffnen wollen, da stets die Gefahr besteht, sich dabei die Finger mit mascaradurchsetzten Krokodilstränen zu beschmieren. Nein, über Bands, die sich ihre falsche Trauer mit dem Taschengeld ihrer Teenage-Angst-geplagten Fans bezahlen lassen, sind Brand New schon lange erhaben und präsentieren mit ihrem nunmehr dritten Album ein Werk, das in seiner aufrichtigen Emotionalität seinesgleichen sucht und vom ewigen inneren Kampf zwischen Gut und Böse zeugt, die in uns wüten. The Devil and God are raging inside me.

Dass dieser bereits im Albumtitel thematisierte Kontrast jedoch nicht der einzige ist, der in TDAGARIM zu finden ist, zeigen Songs wie der fantastische Opener "Sowing Season (Yeah)", in dem Brand New beängstigend perfekt mit den Polen Laut und Leise spielen. Ähnlich beeindruckend ist "Luca", das zunächst mit einer simplen, einlullenden Gitarrenmelodie beginnt, die nur spärlich von Bass und Schlagzeug begleitet wird, bis die Instrumentalisierung beinahe komplett in den Hintergrund tritt und Raum für den Gesang macht, bevor ein donnerndes E-Gitarren-Inferno dem Song schließlich unerwartet ein fulminantes Ende bereitet. "Archers" wiederum könnte dank Ohrwurmrefrain und mit anderem Text problemlos als Alternative-Chart-Stürmer funktionieren, während "Jesus Christ" und "Handcuffs" eher klassisch balladesk sind, aber deswegen nicht weniger mitreißen. Dies tun sie nicht zu letzt auch dank des vielschichtigen Gesangs von Frontmann Jesse Lacey, der säuselt, schreit, schmachtet, und dabei in jeder Sekunde den Eindruck erweckt, als ließen ihm innere Dämonen überhaupt keine andere Wahl, als sie durch seine Stimme zu exorzieren.

Die Vortragsweise steht hier in enger Verbindung mit den Inhalten, die Lacey in seinen Texten transportiert. Selbstzweifel, Reue, Trauer, Hass, Einsamkeit werden immer wieder thematisiert und in ihren verschiedenen Facetten beleuchtet. Und obwohl Brand New sich ausdrücklich nicht als religiöse Band verstanden wissen wollen, schwingt neben den Sorgen des Lebens auch immer wieder die Angst mit, was danach passiert. Life is a test and I get bad marks, now some saint got the job of writing down my sins überlegt Lacey in "Degausser", um in "You won't know" schließlich kapitulierend festzustellen: They say in Heaven there's no husbands and wives. On the day that I show up they'll be completely out of their forgiveness supplies. Das ist echt, das ist authentisch.

"The Devil And God Are Raging Inside Me" ist beeindruckend. Es ist Psychothriller, Trauerspiel, Liebesfilm zugleich, gegossen in etwas, das, wer will, gerne immer noch Emo nennen kann. Sowohl in der Saison 06/07 als auch in der Saison 07/08 ein perfektes Album für den Winter....und den Frühling, Herbst und Sommer.

Jan Martens

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