Rezension

Boys Noize

Mayday


Highlights: Overthrow // Revolt // Starchild // Midnight
Genre: Techno
Sounds Like: Gesaffelstein // Moderat // Modeselektor // Justice

VÖ: 20.05.2016

Hierzulande war Alexander Ridha, bekannt als Boys Noize, schon länger eine große Nummer. Durch seine Kollaboration mit Skrillex als „Jack Ü“ hat er es nun zwischen zwei Alben zu Weltbekanntheit geschafft. „Mayday“, sein drittes Album, hätte also in diverse Richtungen gehen können. War der Vorgänger noch am Sound von Künstlern, die Rock und Elektro verbinden wie Justice, orientiert, hätte es dieses Mal Dubstep sein können oder die momentan sichere Nummer „irgendwas mit EDM“. Aber nun, Überraschung: „Mayday“ ist eher EBM statt EDM. Boys Noize kehrt zurück zu seinen Technowurzeln und bringt ein Album heraus, das bisweilen weit in den Industrial hineinreicht. Deutlich hört man hierbei die Orientierung an Gesaffelstein, der auch einen Track mitproduziert hat.

Der Fokus des Technos ist es ja, bei ständiger Wiederholung eines Mottos irgendwann einen Beat zu droppen, der entweder in die Vollen geht, oder eine komplett neue Richtung einschlägt. Im Laufe des Albums wird Boys Noize immer wieder zeigen, wie leicht ihm dies von der Hand geht. Beispielsweise im Opener „Overthrow“. Typischer Stampfbeat zu Beginn, stetige Wiederholung der Zeile „I Can Break You Down Like This“, ehe nach zweieinhalb Minuten der Bass durch sämtliche Glieder fährt. „Mayday“, bei dessen Titel man sofort an eine deutsche Raveveranstaltung denkt, besticht durch diverse Tempowechsel, trotz allem bleibt der Track recht düster. „Dynamite“ ist das erste Stück, das auch für Clubs abseits des Sparteninteresse Techno interessant ist. Knallharter Beat zwar, durch Gastsängerin Benga nimmt das Ganze jedoch Fahrt Richtung HipHop auf.

Wie variantenreich Boys Noize inzwischen ist, zeigt nicht zuletzt „Rock The Bells“, dem er ein Oldschoolhiphopgewand verleiht. „2live“ zeigt kurz, dass er auch EDM könnte. Zum Glück bleibt es bei diesem Ausreißer. Es bleibt größtenteils beim genannten, völlig überdrehten Industrialstil. Das aggressive „Revolt“ oder das nach 80er-EBM (Front 242, Skinny Puppy und Nitzer Ebb) klingende „Los Ninos“ stehen hier Pate. Den Ritt zwischen Genie und Wahnsinn wagt „Midnight“. Textlich ein banaler Abzählreim mit immergleichem Muster, musikalisch versteckt Ridha hier einen absoluten Killerbeat. Man kann hier weder weghören noch hinhören. Das ewiggleiche „1 AM 2 AM 3 AM…“ nervt ungemein, der Drop in der Mitte des Stückes sucht seinesgleichen. Völlig aus dem Rahmen indes fällt „Starchild“. Hier kopiert Boys Noize mit Hilfe von Poliça die Atmosphäre von Moderat, was ihm überraschend gut gelingt. Insgesamt ist „Mayday“ erfreulich sperrig. Im Gegensatz zu Kollegen wie Digitalism, die einige Bekanntheit dazu nutzen, sich umso mehr dem Chartmainstream anzubiedern, pfeift Boys Noize auf die ganzen Guettas, Aviciis und auch Skrillexs dieser Welt. Stattdessen setzt er dem geneigten Hörer eine Ansammlung harter Beats aus der Klamottenkiste des Techno vor und poliert sie auf seine Art auf.

Klaus Porst

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"Overthrow"

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