Rezension

Björk

Utopia


Highlights: Arisen My Senses // Utopia // Body Memory // Future Forever
Genre: Avantgarde // Pop
Sounds Like: Joanna Newsom // Antony & The Johnsons // Arca

VÖ: 24.11.2017

Björks elftes Studioalbum unter ihrem Solonamen heißt „Utopia“. Das ist spannend, erschafft sie doch stets auf ihren Alben eine ganz eigene Welt. Dieses hier ist nun also die Utopie, und dementsprechend auch so betitelt. Dass genau jetzt die Utopie kommt, ist erfreulich und sinnvoll im Kontext ihrer Diskographie. War doch das Vorgängeralbum „Vulnicura“ die absolute Dystopie, ein Album über Verlust und das Ende einer Liebe, so intensiv, dass sie die Tour dazu irgendwann abbrach, weil es einfach nicht weiter zu performen war. „Utopia“ ist das Auferstehen aus dieser Tiefe, das Schöpfen neuen Mutes, neuen Glaubens an das Leben und die Liebe. br />
Diese Lebendigkeit springt den Hörer*innen direkt im ersten Stück „Arisen My Senses“ – treffender Titel – entgegen. Dieses Album ist mehr denn je eher ein audiovisuelles Erlebnis als einfach nur Musik. Praktisch ein Bilderbuch zum Anhören, in alle Richtungen sprießend, lebendig, selten gewohnten Songstrukturen folgend. Wieder arbeitet sie mit Arca, dem großartigen venezolanischen Produzenten zusammen, eine symbiotische Zusammenarbeit, der die Trennlinien der Einflüsse nicht anzuhören sind. Ebenso zentral sind ein zwölfköpfiges isländisches Flötenensemble und ein Chor, in dem Björk selbst in jungen Jahren sang.

„Utopia“ als ganzes Album ist in sich schlüssig, einzelne Songs sind schwer hervorzuheben. Es ist eine tiefe Katharsis, eine Wiederbelebung des liebenden Selbst. Björk erkennt an, dass wir selbst uns unsere Utopien bauen müssen, und unsere Perspektive auf unser Leben selbst in der Hand haben. „Utopia isn’t elsewhere // it’s here“ singt sie dementsprechend im großartigen Titeltrack. Ebenfalls herausstechend ist „Tabula Rasa“, ein Stück, in dem Björk sich wünscht, dass die gesellschaftlichen Verfehlungen der Vergangenheit im patriarchalen Sinne sich nicht wiederholen. „Tabula rasa for my children // not repeating the fuck-ups of the fathers“ klagt sie an, wünscht, dass wir heute nicht Fehler der Vergangenheit gut machen sollten, sondern die Chance haben, unsere eigenen zu machen, selbst zu lernen.

Zentrales Stück ist „Body Memory“, ein Zehnminüter, wie er auf ein Björk-Album einfach gehört. Ein Stück, das sehr viel Raum nimmt, sich zu entfalten, und diesen Raum wunderbar nutzt. Wie gewohnt schafft Björk es auf außerordentliche Weise, die Kunstform Album für sich zu definieren und voll auszunutzen. „Utopia“ ist musikalisch und vor allen Dingen inhaltlich ein herausstechendes, beeindruckendes Album.

Daniel Waldhuber

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