Rezension
Birdpen
On/Off/Safety/Danger
Highlights: Man on Fire // Slow // Machines Live Like Ordinary People // Cold Blood
Genre: Indie // Ambient // Progressive Rock
Sounds Like: The National // Coldplay // White Lies // Starsailor // Archive
VÖ: 27.03.2009
Der Traum vom Fliegen ist genau so alt wie die Menschheit: Das Gefühl, durch die warme Luft zu gleiten und mit den Wirbeln des Windes zu spielen, die Möglichkeit jeden Platz der Welt zu erreichen und der Sonne entgegen zu schweben – wer würde nicht wollen, dass dieser Traum in Erfüllung geht? Und doch hatte das Fliegen auch immer etwas Tragisches an sich. Die Geschichte um das Scheitern von Ikarus und Daedalus ist bekannt, aber selbst in jüngster Vergangenheit finden sich unzählige Flugzeugabstürze. Menschen wurden durch Fluggeräte und sogar mit Hilfe von Fluggeräten getötet. Der Mensch hat es geschafft, seinen lang gehegten Traum in Erfüllung gehen zu lassen, er hat es jedoch nur mit Hilfe der Maschinen geschafft. Es ist kein süßer Traum. Die Vögel sind ihm immer noch weit voraus.
Was sich hier reichlich tragisch anhört, ist das Konzept, das sich hinter dem Album „On/Off/Safety/Danger“ der englischen Gruppe BirdPen verbirgt. Passenderweise hat die Band, die an Songs für das Archive-Album „Lights“ beteiligt war, für das Cover ihres Debüts statt einer Möwe oder eines Adlers das Konterfei einer Krähe auf einer terrestrischen Antenne gewählt. So ambivalent wie der Traum vom Fliegen und das Verhältnis Mensch/Maschine, sind die Stimmungen des Albums gefärbt, immer klingt dabei etwas Düsteres, etwas Fragendes durch.
Bereits der erste Song „Breaking Precedent“ lässt den Hörer stutzen. Zu einer recht gefälligen Mischung aus Gitarre und Schlagzeug, die man gut und gerne Coldplay zuschreiben könnte, beginnt das Lied mit den Zeilen „Bright Inuit's rarely die protecting Eskimos nature“ und ergänzt später mantrahaft „Birds in rain dive / Peace everywhere never“. Auf Textebene kündigt sich hier bereits an, dass in den Augen der Band etwas nicht stimmt im Verhältnis zwischen Mensch, Maschine und Natur. Es folgt das zurückgenommene „Airspace“, dass an eine Mischung aus The National und White Lies erinnert. Zu Beginn sehr unaufdringlich, baut sich langsam Spannung auf. „Clear the airspace / I need to crash“. Dann entlädt sich ein kurzer, aber stimmungsvoller Schauer warmer Musik.
Der Bruch zu den folgenden Songs könnte kaum härter sein. Ein harter elektronischer Beat setzt ein, ein minimalistischer Bass und rastlos wirkender Gesang folgen. Das Ganze wirkt dank eines leichten Breakbeats sehr rhythmisch. Zum ersten Mal tauchen flächige Klänge eines Synthesizers auf. In Verbindung mit großem Hall des Gesangs gewinnt der Song an Raum, so viel Raum, dass wir uns nun eher im Weltraum als im Himmel befinden. „Machines Live Like Ordinary People“ setzt sogar noch eines drauf: In Industrialmanier präsentiert sich der düstere Song, jede Menge Synthies und der leicht verzerrte, dröhnende Sound unterstützen den klagenden Gesang - „Skylight is breaking and thunder is cracking / it's the end for sure“ - , dazu gesellen sich schwere Stoner-Gitarren, definitiv eines der Highlights des Albums. Nach diesem Gewitter hellt der Himmel ein klein wenig auf. In dem leicht upbeatmäßigen „Man on Fire“, das durch Streicher und choralen Gesang punktet, tauchen erstmals wieder einige Dur-Akkorde auf. Auf „The Ghost Bird“ - ein Titel, der wie ein kurzer Einwurf wirkt - folgt „Admiral Red“. Dieser Track wirkt indifferent und etwas deplatziert zwischen all den Klagen und vereinzelten Lichtblicken. „Slow“ erinnert mit Panflöten-Synthies an die Welt der Indianer, der Text ist wieder sehr düster: „I'm sick of all the lies / And the fake smiles / [..] / Don't do me in slow / Just make it real quick“.
Dem kurzem Intermezzo „The Birds and the Antennas“ folgen die beiden letzten Tracks „Thorns“ und „Cold Blood“. Sie bilden einen versöhnlichen Abschluss, zumindest musikalisch. Die düsteren Synthies sind passé, es dominiert wieder die Gitarre. Besonders „Cold Blood“ macht einen sehr guten Eindruck. Auch, wenn das Vanitas-Motiv zum wiederholten Male auftaucht - „We'll turn the switch / Lights out / Goodbye / Cold Blood in our veins / Nothing will remain“ - , überzeugt der ruhige Song durch die wunderbare Akustik-Gitarre in Verbindung mit dem Hall des Gesangs. Das Lied könnte auch von „The National“ stammen.
Auch, wenn das Jahr noch jung ist, kann man davon ausgehen, dass „On/Off/Safety/Danger“ eines der stimmungsvollsten Alben des Jahres werden dürfte. Der Klang ist unglaublich dicht. Wer kein Problem mit den anklagenden Texten und mit der mitunter düsteren musikalischen Kost hart, dürfte seine Freude an dem Album finden.
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