Rezension

Beirut

The Flying Club Cup


Highlights: Nantes // A Sunday Smile // Cherbourg
Genre: Folk // Französische Heimatmusik // Klezmer
Sounds Like: Devotchka // Final Fantasy // Yann Tiersen // Sufjan Stevens

VÖ: 05.10.2007

Wenn Musiker erste Informationen zu ihren neuen Alben preisgeben, sollte man grundsätzlich weder allzu viel darauf setzen noch allzu sehnlichst erhoffen, dass das Endprodukt viel mit diesen möglicherweise unbedeutenden Andeutungen zu tun hat. Eine der Ausnahmen, die bekanntermaßen die Regel bestätigen, ist Beiruts neues Werk "The Flying Club Cup", das - wie weit vor seiner Veröffentlichung angekündigt - aus zahlreichen Gründen ein französisches Album ist, und auf dem Zach Condon alias Beirut intensiv mit Owen Pallett alias Final Fantasy zusammengearbeitet hat.

Dabei fallen bei der Auflistung der beteiligten Musiker mehrfach die Namen jener üblichen Verdächtigen, die auch schon auf "Gulag Orkestar" mitwirkten: Perrin Cloutier übernimmt ein zweites Mal das Cello, Heather Trost spielt wieder Geige, wobei die Arrangements diesmal meist vom bereits erwähnten Owen Pallett stammen. Dies hinterlässt den Eindruck, dass Zach Condon nicht die einzige Konstante im Bandgefüge von Beirut ist - zweifelsohne darf man dennoch unbesorgt von Beirut als "seiner Band" sprechen. Aufgenommen wurde das Album wie sein Vorgänger in Albuquerque, New Mexico - der Heimat von Zach Condon, insofern man bei einem Weltenbummler, der sich in letzter Zeit hauptsächlich in Paris herumtrieb, von einer Heimat sprechen kann.

Wieso haben wir es also mit einem französischen Album zu tun? Nun, das fängt beim Artwork an, das aus Photographien zusammengesetzt ist, die - vermutlich - Condon selbst in Paris aufgetrieben hat. Es geht weiter mit den Titeln, die größtenteils französisch sind; und auch in den Geschichten im Booklet fallen Schlüsselwörter wie Napoléon, Sacré Cœur oder Père Lachaise. Korrekter- wie logischerweise endet die Erklärung mit dem wichtigsten Argument, der Musik, die neuerdings nicht mehr in erster Linie nach jener osteuropäischen Musik mit dem schönen Namen Klezmer, sondern nach alter Heimatmusik aus Frankreich klingt.

Dass die Musik von Beirut nicht zuletzt dank der weiterhin vorhandenen Klezmer-Grundlage einen Ausnahmestatus im Bereich der Independent-Musik besitzt, macht es dabei nicht leichter, sie zu beschreiben. Zumindest die Geigen erinnern selbstverständlich an Final Fantasy, das Klavier bei "In The Mausoleum" stark an Sufjan Stevens und Glockenspiel sowie Akkordeon hier und da an Yann Tiersen, wobei dieser Name an dieser Stelle wohl nur deswegen fällt, weil Tiersen vor einigen Jahren die französische Heimatmusik zurück in die Aufmerksamkeit auch der nicht-französischen Öffentlichkeit holte.

Eindeutige Höhepunkte auf "The Flying Club Cup" sind "Nantes", das sich für diese Erwähnung unter anderem bei seinem Rhythmus und dem von Pallett gespielten Cembalo bedanken darf, und "A Sunday Smile", ein Stück, in dem Condon fast so getragen croont wie damals bei "Postcards From Italy". Auch die erhabene Trompete weckt Erinnerungen an das Herzstück von "Gulag Orkestar". Ferner weiß Palletts einziger Auftritt am Gesangsmikro in "Cliquot" ebenso zu begeistern wie Condons Alleingang "Cherbourg", in dem er abgesehen von den Geigen alle Instrumente selbst spielt. Erneut ist dort "croonen" das passende Verb, das nebenbei bemerkt mit "schmachtend singen" übersetzt werden kann.

Festzuhalten - weil besonders bemerkenswert - bleibt, dass die ersten Gerüchte über "The Flying Club Cup" tatsächlich zutrafen. Condons Beschäftigung mit alter französischer Heimatmusik ist dem Album über seine ganze Länge anzuhören, und der gefühlte Unterschied zum Vorgänger "Gulag Orkestar" mit seinen durchweg osteuropäischen Einflüssen dementsprechend groß. Dass trotz der veränderten Stimmung auf "The Flying Club Cup" all die Songs zusammen ein in sich schlüssiges Album ergeben, darf den Fan wohlgemerkt nicht nur für den Moment erfreuen - es rechtfertigt gleichzeitig große Erwartungen an zukünftige Veröffentlichungen von Zach Condon beziehungsweise Beirut.

Mario Kißler

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