Rezension

Animal Collective

Merriweather Post Pavilion


Highlights: In The Flowers // Also Frightened // Bluish // Guy`s Eyes // ...
Genre: Pop
Sounds Like: Grizzly Bear // Panda Bear // Wolf Parade

VÖ: 09.01.2009

Spätestens seit dem 2005 erschienen Album „Feels“, allerspätestens aber seit 2007 und dem Kritikerliebling „Strawberry Jam“ haben sich Animal Collective als erste Adresse für die Symbiose aus Pop und Avantgarde empfohlen. „Weird Folk“ wurde zum catchy word für die Musik der Jungs aus Brooklyn. Das lag nicht zuletzt an der untraditionellen Bearbeitung der Akustik-Gitarre. Vor allem aber war die scheinbare Unmöglichkeit der musikalischen Einordnung der Grund für diese Wortneuschöpfung. Und dabei könnte es so einfach sein. Ist das Dargebotene nicht einfach Pop? Großartig, vertrackt, der breiten Masse nicht zugänglich, aber dennoch Pop? Das kommt darauf an, wie man die Definition dieses Begriffs für sich selbst entwickelt.

Genügend Gründe gäbe es jedenfalls dafür, sie im Pop zu verorten, denn Animal Collective vereinen, unüberhörbar, Elemente verschiedener populärer Musikstile: das repetitive Moment der elektronischen Musik, an Beach Boys gemahnende Gesangsharmonien, sowie psychedelische Soundscapes, die wiederum an Konzeptalben der frühen 70er Jahre und an die Krautrockbewegung erinnern. Auf „Merriweather Post Pavillion“ wird die Abwesenheit der Akustischen durch brummendere Bässe und ausgereifteren, mit mehr Popappeal versehenem Gesang von Avey Tare und vor allem Panda Bear wettgemacht. Wer nun eine Elektroplatte erwartet, ist absolut schief gewickelt. Die Platte ist genauso viel und so wenig Elektro, wie sie Folk, Indie und Noise ist. Sie ist alles und doch nichts.

Mit einem synthetischen Blubbern schleicht sich der Opener „In The Flowers“ in des Hörers Bewusstsein und vernebelt die Sinne. Man befindet sich mit dem Rücken auf einer aufblühenden Frühjahrswiese - wie in Trance, die die Gedanken einfach so in Richtung Wolken sendet und nie wieder auffängt. Und dann plötzlich wacht man auf. If I could just leave my body for the night ist der Wunsch, der plötzlich, wie aus dem Nichts, mit verstörendem Klirren und martialischem Rhythmus ins Jenseits befördert wird. Und schon ist man wach. Wenn der Platte ein Vorwurf gemacht werden kann, dann allerhöchstens, dass jener Moment den einzigen wirklichen Hallo-Wach-Effekt beinhaltet. Andererseits: Wer braucht schon Hallo-Wach, wenn man in jeder einzelnen Sekunde mit Nahrung für die Sinne überschüttet wird, wenn man selbst beim x-ten Mal hören noch etwas Unentdecktes findet, wo besagter Effekt schon längst an Wirkung eingebüßt hat. Wenn sich dann mit „Brothersport“ der Animal-Collective-Zwei-Mann-Chor von seiner besten Seite zeigt und ein verstörender Sound wirr umherflirrt, neigt sich ein langer Traum langsam dem Ende zu.

Dieser Traum, diese Symbiose diverser musikalischer Figuren und Werte ist für meinen Begriff mehr Pop als alles, was die Musiklandschaft sonst noch zu bieten hat. Man muss es sich allerdings verdienen. Was zu beweisen war!

Andreas Peters

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