Rezension

Animal Collective

Feels


Highlights: Bees // Grass // Loch Raven // Daffy Duck
Genre: Folk // Psychedelic // Pop
Sounds Like: Deerhoof // A Silver Mt. Zion // Sufjan Stevens // CocoRosie

VÖ: 17.10.2005

Ich habe angefangen zu hören und musste mir eine Frage stellen, die ich längst nicht mehr gehört hatte, die mir ewig nicht mehr begegnet ist. Was ist eigentlich Pop? Eine Platte wie eine Promotion über genau diese Frage. Und wir versetzen uns mal in die Rolle der Profs.

Animal Collective widmen sich nun schon satte 6 Jahren der scheinbar unlösbaren Frage und auch das 5. Album wird wohl mit seinen teilweise völlig neuen Assoziationen und Ideen nicht der längst verdiente Durchbruch. 52 Minuten lang präsentiert uns das Kollektiv ein schizophrenes Album, das auf der ersten Hälfte seiner 9 Songs gut in die Zeit passt. Während die Kommilitonen von Clap Your Hands Say Yeah und Wolf Parade sich für die Erfinder des Rades halten, den Ruhm einfahren, den Animal Collective seit mindestens 3 Jahren eigentlich für sich beanspruchen sollten, kümmert das diese wenig.

Die sind schon einen Schritt weiter. Ihrer Zeit voraus. Noisige Soundcollagen aus Klavier, Chor, hyperventilierendem Gesang und Vogelgezwitscher lassen einen Pop entstehen, der selbst nichtmal weiß, dass er so heißt. Ganz besonders auf der zweiten Hälfte lassen Animal Collective jegliche Anbiederungen an Trends und Mode sein und widmen sich einem psychedelischen Sound, der fernab von 70er-Romantik hochmodern klingt. So zum Beispiel bei "Bees", der im Prinzip nur aus herrlich dillettantischem Harfengezupfe und dem hypnotisierenden Gesang von Panda Bear besteht. Im Hintergrund hören wir hin und wieder ein paar Klaviertasten, oder isländisch anmutenden Elfengesang. Wer braucht da schon Drogen?

In "Daffy Duck" ist es nicht viel anders, denn exakt so muss es sein. Das ist nichts für Menschen mit ADS, das ist nichts für das Nebenbei, das hier ist wirklich Arbeit, wenn auch sehr spaßige. Ja, es macht sich bezahlt. Wie Klausuren korrigieren und dann die strahlenden Gesichter der sympathischen Studenten sehen, weil diese eine gute Note haben. Oder sich am Missmut der Schlusslichter erfreuen, weil man diese sowieso nicht mag. Genuss will eben manchmal wie alle schönen Dinge im Leben hart erarbeitet werden. Geht das auf den ersten Tracks noch spielend, brauchen die Songs 5 bis 9 wirklich die Aufmerksamkeit, die sie auch verdienen.
Es fühlt sich so nah an der Kunst an, diese Musik zu hören. Laut-leise, schnell-langsam, These-Antithese. Zum Schluss die Synthese. Hier ist nichts Zufall, alles hat Struktur und doch wird das Wichtigste zu keiner Sekunde außer Acht gelassen.

Womit wir wieder bei meiner Einleitungsfrage wären. Was ist nun Pop? Geht es nach diesen Jungs ist Pop die Liebe zum Detail, in dem ja bekanntlich der Teufel steckt, die ewige Suche nach DER Melodie. Nein, viel einfacher: Nach dem Gefühl, bei dem man weiß, dass es nie wieder in der selben Art und Weise erscheinen wird. Nichts zu gewagt, nichts zu abwegig. Im Gegenteil: Wen kümmern schon Dogmen? Die Sehnsucht nach dem letzten Mal treibt einen an, sie wieder reinzulegen. Und man wird nichts vom letzten Mal wiederfinden, sondern bekommt ganz neue Geschenke. Eine verdammt lange Spirale. Hoffentlich. Ach was, bestimmt. Eines steht jedenfalls fest: Bestanden!

Konstantin Kasakov

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