Rezension

Angelika Express

Goldener Trash


Highlights: Messy Girl // Goldener Trash // Du trinkst zuviel
Genre: Punkpop
Sounds Like: Astra Kid // The Wohlstandskinder // Farin Urlaub

VÖ: 13.02.2009

Mo|gel|pa|ckung, die (Wirtsch. Jargon): Packung, die durch ihre Größe, Aufmachung o. Ä. mehr Inhalt vortäuscht, ... (Quelle: www.duden.de)

Der Angelika Express rollt wieder. Zwischen 2002 und 2005 gehörten sie zum Pflichtprogramm in den Indiediskotheken der Nation, egal ob "Rock Fucker Rock", "Geh doch nach Berlin" oder "Ich bin kein Amerikaner", hier wurde das Tanzbein geschwungen. Und dann war plötzlich Sense mit der Band. Robert Drakogiannakis machte auf einfallslosen Electropop mit Planetakis, Jens Bachmann und Alex Jezdinsky spielten mal zusammen, mal bei anderen Bands als Begleitmusiker. Irgendwann hieß es dann: Angelika Express nehmen eine neue Platte auf. Doch vom Trio blieb nur Drakogiannakis. Ein letzter Versuch, mit dem alten Bandnamen wieder ins Rampenlicht zu kommen? Die Kölner Antwort auf Guns'n'Roses? Oder kann "Goldener Trash" mehr als der Plattentitel und das ganze Drumherum vermuten lassen?

Was es mit dem goldenen Trash auf sich hat, erklärt er in seiner Beschreibung des gleichnamigen Songs, so wie er zu jedem Lied ein paar Zeilen zur Bedeutung und zu den Gefühlen geschrieben hat. Goldener Trash ist also das Leben im Club bei Musik von der Bühne oder aus der Dose, tanzen, küssen, trinken, jung fühlen, jung bleiben, Rebellion gegen das Altern und den Alltag. Im Grunde all das, für das Angelika Express in der ersten Hälfte des ausklingenden Jahrzehnts standen und all das, was wir damals zu ihren Liedern machten. Und das Schöne ist: Wir können damit weitermachen. Denn nachdem die CD ein bisschen in Rotation geraten ist, kommt wieder dieses nette Gefühl auf, für das die Band so geschätzt wurde. Der Planetakis-Flop? Vergessen. Das Fehlen von Jens und Alex? Bedauerlich um die beiden als Menschen, aber musikalisch fällt es eigentlich nicht ins Gewicht.

Immer wieder schön ist es, wenn Drakogiannakis über Frauen singt, denen er so begegnet ist. Das "Teenage Fanclub Girl" 2009 ist das "Messy Girl" mit ihrer zugemüllten Katzenpissewohnung. Fast ein Wunder, dass es sich bei dem ganzen Unrat so gut tanzen lässt. Einem anderen Mädchen aus seinem und vermutlich auch unserem Bekanntenkreis widmet er sich im teilweise passend zum Text gelallten "Du trinkst zuviel". Sicher völlig beratungsresistent stürzt sie sich mit Alkohol und Kippen in die Nacht, ohne geht nicht mehr. In "Dich gibt's nicht" erteilt er die Absage an die Traumfrau, dieses perfekte Wesen, das gar nicht existieren kann und das eigentlich völlig langweilig und reizlos ist. Aber auch die Selbsterkenntnis, das man auf der Suche nach eben dieser Person manch andere Chance hat liegen lassen.

Zurück zur Mogelpackung. Es ist im Grunde keine. Denn auch wenn der Angelika Express in anderer Besetzung unterwegs ist - live begleiten Dani das Bassmädchen und Don Cardeneo am Schlagzeug Drakogiannakis - letzterer macht immerhin wieder Musik, die dem Bandnamen gerecht wird. Die Texte sind größtenteils auf bekanntem Niveau und fernab seiner letzten Ergüsse. "Goldener Trash" ist leider nicht ganz so erfrischend wie das Debütalbum und dessen Nachfolger "Alltag für alle", ein paar zu wenig kickende Stücke wie "I Sing English" oder "Lottogewinn" trüben das Gesamtbild. Gerade am Ende ist die Luft ein bisschen raus, was aber nicht überrascht, schließlich hat Drakogiannakis fünfzehn Songs auf den Tonträger gepackt, der - man muss das schon mal erwähnen - über Angelika-Aktien finanziert wurde. Die Fans, die diese kauften, wurden netterweise im Booklet erwähnt. So sind Angelika Express nicht nur ein Fall für die Tanzfläche, sondern auch für die nächste Marketingvorlesung.

Martin Korbach

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