Rezension

Algiers

Algiers


Highlights: Blood // Irony. Utility. Pretext. // But She Was Not Flying // Games
Genre: Gospel // Post-Punk // Soul
Sounds Like: Nina Simone // Nine Inch Nails // Screamin' Jay Hawkins

VÖ: 29.05.2015

Wenn von vielversprechenden Newcomern gesprochen wird, machen einige Leute ihren Kopf direkt wieder zu. Viel zu häufig hört man dann doch nur den nächsten überhypten Elektro, die nächste repetitive Indiegitarre oder austauschbaren HipHop. Das ist schade, denn dadurch gehen vielen Hörern Künstler wie Algiers durch die Lappen, die sich ihrer Wurzeln im Süden der USA bedienen und mit einer Mischung aus Gospel, Post-Punk und Industrial das Musikjahr ein wenig vielfältiger machen.

Vorweg: Das Debütalbum der drei Männer aus Atlanta ist keinesfalls zum nebenbei Hören gedacht, lässt keine Fröhlichkeit zu und passt dadurch eher schlecht als recht in den Sommer. Algiers ist ein düsteres Album, das den Geist der 60er Jahre in die Südstaaten in die heutige Welt versetzt, sowohl musikalisch als auch gesellschaftlich. Bestes Beispiel hierfür ist die Vorabsingle “Blood”, ein Übersong, der einerseits durch die wunderbar soulige Stimme von Frontmann Franklin James Fischer, als auch durch die simple, aber sehr druckvolle Instrumentierung mit Drums, Bass und Hintergrundchor brilliert. Hierbei ist es sehr zu empfehlen, einen Blick auf das Musikvideo zu werfen, da es die politische und historische Intention des Songs perfekt darzustellen weiß.

Diese Akzentuierung auf politische, religiöse und gesellschaftliche Themen lässt positive Gefühle nur spärlich zu, was ob Algiers' Orientierung an Künstlern wie Nina Simone nur allzu logisch ist. In der Gesamtheit ist “Algiers” ein unglaublich schwer zu verdauendes und in keinster Weise einfaches Werk. 44 druckvolle Minuten preschen dauerhaft voran und zeigen die unterschiedlichen musikalischen Wurzeln der Bandmitglieder. Auf der einen Seite der gläubige Fischer, ein Kind des Gospels, auf der anderen Seite Agnostiker und Bassist Ryan Mahan und Gitarisst Lee Tesche, die mit Post-Punk groß geworden sind. Zwei Welten treffen aufeinander, was bleibt, ist der einmalige, bedrückende und facettenreiche Sound von Algiers. So ist “Games” ein ruhiger Song, nur auf der Stimme Fischers und einem seichten Hintergrundchor basierend, “Irony. Utility. Pretext” hingegen ein raues und lautes Lied, das in einigen Momenten Erinnerungen an Nine Inch Nails wach werden lässt.

“Algiers” ist dadurch ein Album, was bei den meisten sicherlich nicht rauf und runter gehört werden wird. Es ist kein Album, das man 4-5 Mal am Stück nebenher hört, sondern ein in sich komplett stimmiges Kunstwerk, für das man sich die Zeit nehmen muss. Dann merkt man, was für ein fantastisches Werk man da vor sich liegen hat. Ein verdammt gutes Debüt für einen Newcomer, der im Gegensatz zu vielen anderen nicht nach einiger Zeit wieder von der Bildfläche verschwunden sein wird – dafür lege ich meine Hand ins Feuer.

Lewis Wellbrock

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