Rezension

Acht Eimer Hühnerherzen

Acht Eimer Hühnerherzen


Highlights: Sonntagslied // Tränengas // Kerosin
Genre: Liedermacher-Punk
Sounds Like: Liedfett // Wir Sind Helden // Violent Femmes

VÖ: 23.03.2018

Was leicht ist: Sich bescheuerte Bandnamen zu überlegen. Das Mixtape für den Freund mit Japanische Kampfhörspiele, Arschgefickte Gummizofen und Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs gefüllt und schon sind die Schenkel gleich nach dem Lesen der Tracklist vor Lachen rotgeklopft. Was scheinbar nicht leicht ist: Nach der Namensfindung noch genug kreative Energie übrig zu haben, um gute Songs hinterherzuschieben. Acht Eimer Hühnerherzen gelingt das zumindest besser als vielen anderen.

Die Hürde, mit so einem Splatternamen nicht zwangsläufig zu einer Grindcore-Band zu werden, überspringen die drei Kreuzberger schon einmal souverän, indem sie die Stecker einfach gleich ganz aus ihren Instrumenten lassen und unplugged auf Konzertgitarre und Akustikbass schrammeln. Wer schon einmal in Hamburg war, fühlt sich an die Hanseaten von Liedfett erinnert, alle anderen denken bei der dialektgefärbten Stimme von Sängerin Apocalypse Vega – noch so'n Brüller! – an Judith Holofernes ohne abgeschlossenes Kommunikationsstudium.

Fast schon zum guten Ton gehört es bei einer solchen Ausrichtung dann natürlich auch, bestimmte Motive des komischen Songwritertums abzuhaken: Pointenlose Aufzählung – Check („Eis Auf Ex“). Spiel mit der Sprache, beispielsweise die Wortreihenfolge eines Satzes umdrehen – Doppelcheck („Alles Etwas Übertrieben“). Intros und/oder Interludes – Check, Check, Check.

Ein großes Lob: Das alles ist nicht halb so schlimm, wie die Beschreibung klingt. Wo sich die Berliner dann aber doch schwer tun sollten, die (Acht Eimer Menschen-)Herzen für sich zu gewinnen, ist das Ausbleiben eines wirklichen Hits, des Stücks quasi, das man auf eingangs herangezogenes Mixtape steckt, um zu zeigen, was für ein witziger Typ man ist. Das mitsing- wie mitpfeifbare „Mittelmaß“ ist mit perfekter Radiolänge und gesunder Selbstironie der offensichtlichste Kandidat, bräuchte aber mindestens noch ein markantes Bassriff wie das des nachfolgenden „Sonntagslied“, um über die Qualität hinauszukommen, die sein Titel suggeriert. „Kerosin“ kommt der Sache schon näher, ignoriert mit seinem Fuzz-Bass aber die eigentliche Unplugged-Prämisse der Band. Vielleicht können die Hühnerherzen also doch hin und wieder mal den Stecker einstecken – aber dann bitte trotz allem nicht dem Grindcore verfallen!

Jan Martens

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