Rezension

65daysofstatic

We Were Exploding Anyway


Highlights: Weak04 // Go Complex
Genre: Post-Rock // Math-Rock // Big Beat // Instrumental // Dub
Sounds Like: These New Puritans // Chemical Brothers // The Prodigy // Delphic

VÖ: 30.04.2010

Soundtracks bilden vielleicht die Musiksparte, die am meisten unterschätzt wird. Kein Film kommt ohne jene akustische Untermalung aus, die in den entscheidenden Szenen aus einfachen Bildern großes Kino werden lassen. Doch was ist, wenn der Film fehlt? Wenn es nur den Sound selbst gibt? Dann ist es Zeit für Kopfkino im Stile von 65daysofstatic: adrenalingeladen, hektisch, brutal treibend. Kaum eine Band vermag es, eine so perfekte Mischung aus elektronisch fetten Beats im Stile der Chemical Brothers und episch rockenden Gitarren à la God Is An Astronaut zu kreieren und diese in die Welt zu schmettern. 

Auch das neue Album „We Were Exploding Anyway“ gestaltet sich wie ein 50-minütiger Rausch. Wenn es ein Konzept für die Platte gegeben hat, dann dürfte sich dieses auf ein Wort reduzieren lassen: Geschwindigkeit. Die Intensität der ersten drei Songs ist auf einem Level mit dem Prodigy-Album „Music For The Jilted Generation“, sofort startet vor dem inneren Auge die entscheidende Verfolgungsjagd eines neuen James-Bond-Films. „Piano Fights“ bildet den ersten Einschnitt, der ein wenig Tempo aus der Platte nimmt. Mit Hilfe des namensgebenden Klaviers wird der Sound ein Stück weit in Richtung Post-Rock verschoben, wobei es übertrieben wäre, von einer Atempause zu sprechen. Im nächsten Track „Weak04“ ist der Post-Rock bereits wieder Makulatur und der „Auf-die-Fresse-Regler“ wird noch weiter aufgedreht. Überraschenderweise kommen auch bei den dreckigen und verzerrten Synthesizern zu Beginn des Songs musikalische Assoziationen zu The Prodigy auf.

Nach dem verhältnismäßig melodiösen „Come To Me“, das sogar einige Vocals besitzt und sich trotz Post-Rock-Gitarren vielleicht am ehesten in Richtung konventioneller Tanzflächen bewegen dürfte, folgt mit „Go Complex“ ein weiterer sehr harter Song. Ein tiefschwarzer Beat mit verzerrter Stimme baut langsam ein Muster auf, das irgendwo zwischen Dub und Drum'n'Bass liegt – sich dank Gitarren aber wieder meilenweit davon entfernt. Dass diese Kombination funktioniert, bewiesen zuletzt Bands wie Dukes of Windsor und These New Puritans („We Want War“ lässt grüßen), und zuvor natürlich 65daysofstatic selbst. 

Leider kann die Band die Intensität der ersten Tracks in den beiden abschließenden Songs nicht durchhalten. Zwar ist die stilistische Abwechslung durch „Debutante“ und „Tiger Girl“ gegeben – die Songs lassen sich eher in die Ecke der ruhigen Elektro-Songs stellen, ein wenig trancig, ein wenig soundtrack-like – aber in der Summe sind sie zu plätschernd (Ambient!), um den Hörer zu fesseln. Entstanden ist ein partiell mitreißendes Album, das all jenen gefallen dürfte, die Musik hören, um sich zu pushen. Eine Art klanggewordenes Koffein sozusagen – oder Speed.

Mischa Karth

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