Konzertbericht

Wolfmother


Wolfmother scheinen in Deutschland generell noch ein bisschen unterschätzt zu werden. Was sich bereits am Southside-Festival durch einen zu frühen Slot andeutet, bewahrheit sich, als der Gig in München am 20.8. zunächst im Atomic Café angesetzt wird. Dieses ist zwar unbestritten eine klasse Konzertlocation, fasst aber lediglich in etwa 300 Personen. Nicht weiter verwunderlich ist es daher, dass bereits Ende Juli die Verlegung in die ungefähr vier mal so große Georg-Elser-Halle feststeht. Und, oh Wunder, auch diese ist bereits einige Tage vor dem angesetzten Termin restlos ausverkauft.

An eben dieser angekommen, sticht zunächst die enorm hohe Frequenz an Led Zeppelin- und Black Sabbath-Shirts ins Auge. Obwohl Wolfmother durchaus in deren ehemaligen Jagdgründen wildern, überrascht diese Tatsache doch ein wenig, haben sie sich doch durch die Lobpreisungen in diversen alternativen Musikmagazinen bisher eher bei der Indie- Gemeinde einen Namen gemacht. Passend dazu ist auch die Vorband gewählt: Gods of Blitz aus Berlin, die gerne, und das auch nicht ganz zu Unrecht, mit diversen aktuell angesagten Bands aus ganz Europa, wie zum Beispiel Mando Diao, den Libertines oder den Hives in Verbindung gebracht werden. Und die sind vor allem eines: wahnsinnig laut. Dennoch legen sie eine mitreißende Bühnenshow an den Tag und liefern einen in jeder Hinsicht mehr als soliden Auftritt ab. Schade nur, dass die Mehrheit des Publikums sie offensichtlich vorher noch nicht gekannt hat und ihre Spielfreude erst gegen Ende des Gigs durch Bewegung angemessen zu würdigen weiß.

Nach einer kurzen Umbaupause ist es dann aber auch schon soweit und Wolfmother erklimmen unter tosendem Beifall der ganzen Halle die Bühne. Los gehts standesgemäß mit "Dimension", welches ja bekanntlich auch das Album eröffnet. Schon beim zweiten Song "Pyramid" bietet sich dann das Bild, das sich noch das ganze Konzert hindurch ziehen wird. Eigentlich kommt es zu beinahe keinem Zeitpunkt vor, dass wirklich nur die Band auf der Bühne steht, denn alle paar Sekunden klettern aufs Neue diverse Fans auf die Bühne, um diese dann mehr oder weniger kurz darauf auf möglichst spektakuläre Weise wieder zu verlassen. Dementsprechend wird das Publikum vor dem dritten Song auch von Andrew Stockdale mit den Worten "Welcome to the Munich stagediving contest" begrüßt. Einige der Bühnenkletterer übertreiben es allerdings im Eifer mit ihrer Begeisterung für die Band, indem sie zum Beispiel unerlaubterweise das Mikro benutzen wollen oder Stockdale unfreiwillig am Gitarrensolo hindern, woraufhin sie vom Roadie, der gleichzeitig auch noch als Security- Mann zu dienen scheint, gewaltsam wieder von der Bühne gezerrt werden.

Gitarren- und Keyboardsoli gibt es aber trotzdem immer noch zu Genüge, nahezu jeder Song wird mit einigen Extra-Parts garniert, die es wahrlich in sich haben. Den Gipfel wird beim ohnehin schon unglaublich kraftvollen und mitreißenden "Woman" erreicht, nach dem das Trio locker noch fünf Minuten drauflos jammt, und das mit einer Power, wie sie die Elserhalle wahrscheinlich höchst selten zuvor gesehen hat. Ähnlich ergeht es dem auf dem Album ungefähr viereinhalbminütigen "White Unicorn", dessen Mittelteil durch psychedelisch anmutende Gitarren- und Keyboardparts so weit ausgedehnt wird, dass der Song am Ende locker die doppelte Länge erreicht. Schade nur, dass das für diesen Song sonst so charakteristische, klare Gitarrenriff diesmal ziemlich verzerrt daherkommt.

In jeder Hinsicht besonders beeindruckend ist, wie Bassist und Keyboarder Chris Ross es scheinbar spielend leicht schafft, ständig zwischen seinen beiden Instrumenten hin- und herzuwechseln und dabei auch noch wie ein Derwisch auf der Bühne herumzuhüpfen. Highlight in dieser Beziehung ist eine tolle Einlage während "Mind's Eye", das das reguläre Set beschließt, als er zunächst zwei hartnäckige Stagediver per Bodycheck von der Bühne befördert, um dann auf das Drumpodest zu steigen und von diesem einen punktgenauen, gut drei oder vier Meter langen Satz ans Keyboard hinzulegen. Aber nicht nur deshalb ist "Mind's Eye" dem Set ein mehr als würdiger Abschluss. Wie auch während nahezu des ganzen Restes des Konzerts schneiden sich die Riffs geradezu durch die brütend heiße Luft, die Drums treiben den Song punktgenau und schnörkellos nach vorne und die Menge kocht, was mit Sicherheit nicht nur an den geschätzten 40 Grad in der Halle liegt.

Doch noch ist das Konzert nicht vorbei, drei absolute Kracher haben sich die Australier noch für die Zugabe aufgehoben. Den noch eher ruhigen Anfang, der aber zum Ende hin förmlich explodiert, macht "Vagabond", welches das Wolfmother-Album abschließt. Danach aber geht es Schlag auf Schlag: Auf das zum headbangen einladende, zum Schluss aber ordentlich Fahrt aufnehmende "Colossal" folgt nahtlos "Joker and the Thief", das bereits auf Platte mit Sicherheit zu den Highlights zählt, und live jeden, aber wirklich jeden im Publikum noch mal das Tanzbein schwingen, wie verrückt auf und ab hüpfen, stagediven oder was auch immer machen lässt, um die Menge dann völlig geplättet und sprachlos alleine vor der Bühne zurückzulassen. Sprachlos vielleicht aber nur bis auf diesen Satz: "Bitte kommt möglichst bald wieder!"

Johannes Neuhauser