Konzertbericht

Timber Timbre


Die Dunkelheit des Berliner Herbstabends wirkt erst mal hell, nachdem die Tore der Passionskirche die Zuschauer am Ende des Abends wieder auf die Straße entlassen haben. Denn mit Licht hatte der zurückliegende Abend nur bedingt etwas zu tun. Die kanadischen Timber Timbre, zu viert auf der Bühne, verstehen sich blendend (oder eher im Gegenteil) darauf, einen Sog der Dunkelheit zu erzeugen. Während des gesamten Konzertes ist das Licht gedimmt, mal bläulich, mal rötlich. Der Zuschauer kann sich dem Sog kaum entziehen, das düstere Ambiente der Kirche mit in marginaler Bestrahlung schimmernden Schatten von Marienstatuen und Ähnlichem tut seinen Beitrag dazu.

Kurzum: Es könnte keinen besseren Ort als die Passionskirche geben als Kulisse für den düsteren Blues der Band. Und sie könnte ihn sich nicht geschickter zu eigen machen. Sogar während des Konzertes ist sie noch darauf bedacht, dies zu perfektionieren. Hier zeigt sich die Exzentrik des Sängers Taylor Kirk, der das Konzert für ein paar Minuten stoppt, damit – zunächst erfolglos – ein Licht am oberen hinteren Ende der Kirche ausgeschaltet wird. "What? It's too dark", fragt er einen Zuschauer. Auf dessen Nicken reagiert Kirk prompt: "Shut the fuck up! It's perfect." Das gesamte Konzert wirkt wie ein cinematisches Kammerspiel, ein Soundtrack zu einem leicht unheimlichen Schwarzweißfilm.

Nur, dass über die gesamte Dauer des Konzertes auffällt, dass der Soundtrack zu eintönig ist. Die Setlist fokussiert stark die neueren beiden Platten der Band, "Hot Dreams" und "Creep On Creepin' On". Timber Timbre erzeugen diese Atmosphäre, doch in diesem ganz eigenen Raum, den sie erschaffen, fehlen mitunter die Nuancen. Das Konzert hat ganz klar seine wundervollen Momente, etwa wenn zu "Hot Dreams" eine Discokugel die Dunkelheit der Kirche erleuchtet und Kirk das Publikum zum Tanz auffordert. Doch manchmal schleicht sich das Gefühl ein, dass die Band in der erschaffenen Atmosphäre teilweise gefangen ist. Und so wirkt der zu starke Fokus auf den neuen Platten, die noch mehr dunkler, an Nick Cave rührender Blues sind als die Vorgängeralben, auf Konzertlänge zu eintönig. Umsonst die Hoffnung etwa auf ein "Demon Host" in der Zugabe, welches dem Konzert noch einen Deut mehr Charme verliehen hätte. Als das Licht angeht, bleibt die kleine Hoffnung, dass die gefeierte Band doch noch einmal wiederkommt. Doch dann folgt schnell die Erkenntnis: Das wird sie auf keinen Fall. Schließlich ist das Licht schon an.

Daniel Waldhuber