Konzertbericht

Tigers Jaw


Vom Gewitter zur Dürrewelle und zurück beinahe im Tagestakt, sprunghafte Prognosen auch für die unmittelbare Zukunft – einen verrückten Sommer haben wir mal wieder. Wenn man dann mitten im August zu einem Konzert in einer schwitzigen Punker-Kaschemme wie dem Hamburger Hafenklang geht, kann man dann nur hoffen, dass die Quecksilbersäule nicht gerade mal wieder das Thermometer sprengt. Geht man allerdings zu Tigers Jaw, ist das fast schon egal.

Und das nicht etwa, weil das Hafenklang bei weitem nicht komplett gefüllt ist und somit unfreiwilliges Kuscheln unnötig macht; auch nicht, weil der Indierock der Band aus Pennsylvania nicht unbedingt so sehr zum Moshpit einlädt wie die Musik so mancher Tourpartner der Band. Nicht einmal, weil "The Sun" sowieso meistens den Opener bildet. Das hätte man alles sowieso nicht wirklich vorhersehen können – erste Deutschlandtour der fast zehnjährigen Bandgeschichte und so. Nein, Tigers Jaw und vor allem ihr aktuelles Album "Charmer" verbreiten einfach auch ungeachtet des Wetters eine ungeheure Wärme, die immer wieder von einer Prise Melancholie ergänzt wird. Auch live kommt diese durch, obwohl die Songs von "Charmer" zunächst deutlich dem punkigeren Sound der früheren Alben angeglichen werden – erst später, als diese neueren Songs immer stärker die Setlist zu bestimmen beginnen, entfalten Songs wie "Hum" ihre ganze Wirkung.

Unterschiede zum Album zeigen sich dann aber doch zwangsläufig schon darin, dass neben Adam McIlwee, der zu mehreren Songs die Vocals beisteuerte, noch zwei andere Mitglieder die Band mitlerweile verlassen haben – einen Verlust, den sich die übrig gebliebenen Ben Walsh und Brianna Collins aufgrund souveräner Tourmusiker nicht anmerken lassen. Dementsprechend glücklich und dankbar zeigt sich die Band während ihres knapp sechzigminüten Auftritts dann auch – ebenso wie deren Support Foxing. Diese passen sehr zum emotionalen Vibe der Hauptband, auch wenn sie ihren Indierock mehr mit Hardcore und Postrock vermischen. Wie Foxing allerdings in Instrumentalpassagen eine Trompete einsetzen, um noch mehr düstere Melancholie herauszukitzeln, ist in ihrem Genre relativ einzigartig – auch von ihnen wird man noch hören, spätestens, wenn Ende des Jahres ihr neues Album erscheint. Der heutige Abend gehört dann aber doch Tigers Jaw – die zweite Deutschlandtour lässt dann hoffentlich nicht so lange auf sich warten. Ungeachtet der Jahreszeit.

Jan Martens