Konzertbericht

The Temper Trap


Eindruck scheinen sie ja gemacht zu haben, die Australier von The Temper Trap. Ein halbes Jahr nach dem Debüt „Conditions“ – ein wohl gemerkt eigenständiger und akribisch navigierter Albumeinstand – spielt das Quartett schon ausverkaufte Headliner-Touren und Festivals jenseits der 30.000 Besucher. Hype, ick hör dir trapsen, nur zum Glück nicht allzu laut: Die Clubs der Tour sind klein und meucheln so nicht gleich die intime Atmosphäre, derer diese talentierten Newcomer stets Herr sind. Also ab ins Molotow: 300 Mann und der nicht selten als Sauna verschriene Kultclub platzt aus allen Nähten.

Und das mit einer Wucht, mit einem Ruck, der so unerwartet kommt, als spränge einem der Konzertnachbar auf einem Gig von Mogwai unangekündigt mit dem Arsch ins Gesicht: The Joy Formidable reißen ihre Amps auf und klemmen die Zerren vor die Klampfen. 'Nen Fünfer ins Phrasenschwein, aber so muss das mit der Soundwand. Und siehe da: Wieder einmal nur drei Musiker, die es auf so einen ungeheuer präsenten Sound bringen. Was diesen Hybriden aus Indie und Grunge letztlich garniert, ist Sängerin und Gitarristin Ritzy Bryan mit ihrem Gespür für smarte und verflucht eingängige Melodien ohne jegliches Pathos. Wieso klappt sowas eigentlich nicht öfter?

Haben sich The Temper Trap da nicht mal eine fast zu mitreißende Vorband für ihren lichten, warmen Sound aufgehalst? Wie knüpft man da nun an? Richtig: Man macht genau so weiter. Die Australier schicken ein Intro voran, dass kurz glauben lässt, Thursday würden gerade ein Ründchen Live-Jam zum Besten geben. Und dann ist man plötzlich mittendrin in „Rest“, empfangen von den souligen Vocals Dougy Mandagis. Der ist rein optisch übrigens auch das einzige Bandmitglied von The Temper Trap, das nicht theoretisch auch in einem Glasgower Vorort aufgewachsen sein könnte – schon lustig, wie sehr doch inzwischen Vollbart und Schottland assoziativ zusammenhängen.

Das sehr homogene Set bedient sich natürlich beim Debüt „Conditions“, dessen Sound die Band gekonnt adaptiert. Der Bass brummt in all seiner Wärme, die Gitarren sind clean und die Lautstärke fast vornehm zurrückhaltend. Sporadisch wie im euphorisierend-schönen „Love Lost“ legen sich dezente Orgelflächen auf den Grund des Sounds oder es eilt die Akustikgitarre zu Hilfe. Die Lieblinge der Zuschauer (gemessen am jeweiligen Applaus) sind zudem gleichmäßig übers Set verteilt: Das kindlich-naive „Fader“ verbraten sie ganz früh, während „Sweet Disposition“ erst kurz vor Schluss des Gigs seine Flügel auf volle Länge ausbreitet und in luftige Höhen vordringt.

Nach dem obligatorischen Verlassen der Bühne kündigt Mandagi dann „Rabbit Hole“ an – einen neuen Song, der deutlich mit dem alten Material bricht. Drums und Bass halten sich zurück, der Sound geht in die Tiefe und die Atmosphäre kippt: Eine fast reinigende Melancholie spült das Molotow in ein tiefes Blau. Wirklich eine Überraschung. Eine, die aber auch ahnen lässt, dass es für The Temper Trap mit den kleinen Clubs schon ziemlich bald vorbei sein könnte.

Gordon Barnard