Konzertbericht

The Airborne Toxic Event


Dramatik, das können The Airborne Toxic Event. Langsamer Aufbau mit ruhigeren Tönen, immer größere Gesten und irgendwann alle Hände hoch zum Himmel – wenige Bands beherrschen das so gut wie das Quintett aus Los Angeles. Sollte live dann ja problemlos auch klappen – und wenn sie nicht gerade über's Ziel hinausschießen, tut es das auch.

So funktioniert manch ein Erfolgsrezept sogar noch in doppelter Intensität: Zum Beispiel, wenn "All At Once" und "Wishing Well", die dramaturgisch alles richtig machenden Opener der ersten beiden Alben, einfach als Paar das Konzert im Hamburger Grünspan eröffnen dürfen. Diese Songs sind es auch, bei denen die rein optisch etwas zusammengewürfelt wirkende Band am besten harmoniert, mit Steven Chens als abgefuchstem Gitarristen, Anna Bulbrooks wunderschönem Geigenspiel und natürlich Mikel Jollett als prototypisch kalifornischem Sunnyboy-Frontmann. Weniger gut harmoniert das, wenn erstere in den synthie-lastigen Songs von "Dope Machines" bis auf die eine oder andere Tambourin-Einlage relativ unbeschäftigt herumstehen – und so bleiben die Songs des sowieso eher schwächeren aktuellen Albums dann erfreulicherweise auch in der Minderheit.

Etwas übertrieben wirkt es, wenn die zeitweise schon von ganz alleine monumentalen Songs noch auf Stadiongröße aufgeblasen werden sollen: Immer wieder regen teils einzelne Mitglieder, teils die ganze Band zum Mitklatschen an; auch ein Song wie "Gasoline" animiert eigentlich von alleine schon genug zum Tanzen, so dass an sich kein Echo des Refrains eingefordert werden müsste. Auch das vergleichsweise reduzierte Cover vom "Book Of Love" der Magnetic Fields, das bei Auftritten der Band gerne eine erdende Wirkung ausübt, wird diesmal ausgelassen.

Ist aber ja im Endeffekt egal, solange es dem Publikum gefällt – und wenn dieses wie hier bunt aus jungen weiblichen Poprockerinnen und älteren Hasen, die über die Arcade-Fire-Ähnlichkeiten früher Tage gepackt wurden, zusammengesetzt ist, ist das natürlich noch imposanter. So bestehen manche Teile eines knapp siebzigminütigen Sets aus großen Songs, andere wiederum aus großen Gesten. Mögen sich die Kalifornier zukünftig darauf besinnen, was davon ihnen wirklich besser steht.

Jan Martens