Konzertbericht

Superpunk


Superpunk kommen in die Glocksee. Dies ist so erst mal eine Nachricht, die Freude hervorruft, während man das Plakat betrachtet. Einziges Manko: Sie spielen nicht im kleinen, knuffigen Café, sondern oben im Indiego. DVD-Release-Party heißt die ganze Veranstaltung, was bedeutet, dass zuerst der Superpunk Film "Können Sie das groß machen bitte?!" gezeigt wird und anschließend ein Liveauftritt folgt. Die Ankündigung "Die Vorführung der DVD beginnt pünktlich!" wird mit ungläubigem Kopfschütteln aufgenommen. Als ob in Hannover jemals etwas pünktlich beginnen würde...

Auf Grund akuter Hungerattacken schlagen wir dementsprechend spät im Club auf und erleben tatsächlich nur noch die letzten fünf Minuten des Films. Ärgerlich, aber eigentlich sind wir ja sowieso hier, um die Band live zu sehen. DVD und Vorgruppe hätten unsere ungeduldigen Nerven wohl auch arg strapaziert.
Lessappeal machen heute Abend den Einstieg, musikalisch laut und straight und nicht uninteressant, allerdings redet der Frontmann eindeutig zuviel und wo die hyperaktive Art von Pelle Almqvist lustig und ansteckend ist, ist sie hier bald eher anstrengend. Vielleicht, so lautet unsere Theorie, muss erst einen gewissen Status erreicht haben, um wie ein Bekloppter über die Bühne springen zu dürfen.

Das Publikum reagiert leicht unterkühlt, Menschen ohne Dialekt sind eben nur schwer zu begeistern.

Die Hoffnung, das sich dies mit dem Auftreten der Hauptdarsteller des Abends ändert ist groß, doch als Superpunk schließlich um halb zwölf die Bühne betreten bleibt der große Stimmungsumschwung erst einmal aus. Die beiden Einstiegssongs sind neu, die Begeisterung verhalten. Doch spätestens "Neue Zähne für meinen Bruder und mich" bringt auch den Letzten im Raum dazu, sich mehr oder weniger elegant zu bewegen. Die Band ist gut gelaunt, macht sich über einen arg betrunkenen Mitvierziger lustig, der versucht die Bühne entern, während Carsten lässig Kaugummi kauend ins Mirkophon lächelt. Von den Streitigkeiten, die noch am Vorabend im KDW in Hamburg geherrscht haben sollen ist nichts mehr zu spüren, stattdessen ist von "Versöhnungsstimmung" die Rede, man neckt sich gegenseitig.
Als die Ankündigung, die Bühne zu verlassen (angeblich ist das Konzert nach einer Stunde zu Ende) mit Gelächter des Publikums quittiert wird, versucht die Band gar nicht erst so zu tun, als sei alles schon vorbei, vor allem nicht angesichts der allgemeinen Glückseligkeit, die sich mittlerweile ausgebreitet hat. Ja, Superpunk machen Mädchentanzmusik, aber heute tanzt jeder, ganz gleich welchen Geschlechts, die Meisten mit einem euphorischen Ausdruck auf dem Gesicht.

"Ich muss raus aus dieser Stadt" wird ganz schamlos mit: "Das ist mal wirklich ein richtig guter Song!", angekündigt, aber sie haben ja recht. Wenn man von einem perfekten Konzertabend sprechen müsste, dann sollte man diesen als bestes Beispiel anführen, es stimmt einfach alles. "Man kann einen ehrlichen Mann nicht auf seine Knie zwingen", "Diese Welt ist nicht für mich gemacht", "Bleib deinen Freunden treu", es sind hauptsächlich die älteren Songs, die die meiste Begeisterung auslösen. Man merkt: Das Publikum besteht aus Fans, nicht aus Leuten die "halt einfach so mal hingehen".

Der Abschied fällt schwer, nicht nur uns. "Ich bin kein Ignorant, ich bin kein Idiot" ist wohl der Höhepunkt des Abends, den Abschluss bildet "Allein in eisigen Tiefen", das, Tim Jürgen zu Folge, eine perfekte Mischung aus einer fröhlichen Melodie und einem melancholischen Text bildet. Und dann verschwinden sie schließlich und Blick auf die Uhr löst einiges Erstaunen aus, weil man doch der Ansicht war, dieses Konzert sei viel zu kurz gewesen.

Lisa Krichel