Konzertbericht

Pelle Carlberg


Pelle Carlberg hat ein wunderbares Album ohne seine Band Edson veröffentlicht, und Hannover weiß nichts davon. Sind Hannoveraner taub und blind? Oder surfe ich lediglich zuviel auf einschlägigen Musikonlinemagazinseiten herum? Und liest hier etwa keiner Zeitung? Oder es ist der Dienstag. Wer geht schon an einem Dienstag auf ein Konzert?

Ich. Und dann auch noch alleine.

Der Kulturpalast ist ein schnuffiges Hipster-Café, eigentlich eine wunderbare Location für den Herrn Carlberg. Plüschige Sessel, günstiges Bier, nette Atmosphäre, obwohl der DJ vor dem Auftritt die schreckliche Sugababes Coverversion von "I Bet You Look Good On The Dancefloor" auflegt. Erschreckend nur, dass es an diesem Abend zwar relativ gut gefüllt ist, trotzdem maximal 50 Leute anwesend sind. Prinzipiell sind so winzige Konzerte ja eine äußerst feine Sache, trotzdem hätte ich mir, im Nachhinein betrachtet, gewünscht, dass mehr Leute an dem teilhaben, was der schwedische Sänger an diesem Abend zu bieten hatte.

Pelle kommt mit einem ganzen weiteren Musiker, ebenfalls Mitglied bei Edson, der an diesem Abend so ziemlich alle möglichen Instrumente spielt, von der Mundharmonika über die E-Gitarre, bis hin zum Klavier und nebenbei ist er auch noch mit einem Fuß für den Rhythmus zuständig.

Tatsächlich gelingt es diesen zwei Menschen, eine Atmosphäre zu erzeugen, die wirklich, so kitschig es sich auch anhört, unter die Haut und an die Seele geht. Die leise, melancholische, tragische Komik von Carlbergs Songs erzeugt eine ganze Palette von Emotionen und ich schwanke während des Auftritts zwischen dem Bedürfnis zu weinen, zu lachen und stiller Freude.

Ja, das hier ist ein ganz großer Entertainer und er weiß darum. Zwischen den Songs erzählt er nette Geschichten, die die Stimmung lösen und die Menschen amüsieren und während der Songs traut sich das Publikum kaum zu atmen, um ja das fragile Gebilde der zärtlichen Atmosphäre nicht umzuwerfen. So muss das sein, so war es erdacht.

Es lohnt sich wirklich, zuzuhören und zu verstehen. Denn nicht nur der Songtitel "How I broke my foot and met Jesus" ist unglaublich komisch, auch einzelne Textpassagen haben es in sich, sei es nun eine unfaire Rezensentin, die einfach nicht auf seine Beschwerdeemail reagiert oder auch die Menschen, die einem unnütze Dinge am Telefon verkaufen, zu denen man (oder besser gesagt Pelle) aber einfach nicht "nein" sagen kann.

Im Übrigen finde ich nichts attraktiver als schwedisches Englisch.

Den lustigsten Moment bietet allerdings die Zugabe: Herr Carlberg covert doch tatsächlich die unsäglichen The Darkness und bietet ein stimmliches 1A-Imitat von Justin Hawkins. "I believe in a thing called love". Das Lied mutiert dann bedauerlicherweise zum Ohrwurm und so ärgere ich mich später, dass ich ausgerechnet diesen Song auf dem Heimweg singe. Wie sagte doch ein chinesischer Fan nach einem Konzert: "I loved the whole gig, but when you played that The Darkness Song you destroyed everything." Ganz so schlimm ist es dann aber doch nicht.

Ich kann mich übrigens nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal so sinnvoll 5€ investiert habe. Armes Hannover.

Lisa Krichel