Konzertbericht

OM


Rockmusik ohne Gitarre? Doch, das geht durchaus. OM reichen dafür Bass, Gesang und Schlagzeug. Ihr Sound ist hochintensiv und lässt's im Magen mächtig grummeln. Chef im Ring ist selbstredend der Rhythmus. In unserem Konzertbericht beschreiben wir euch, wie sich der Groove dieses Duos anfühlt. Und fragen uns, ob's für 'nen amtlichen Hit überhaupt noch 'ne Hookline braucht.

Griffiger Beat und schmissige Hooks – das sind die zwei Schlüssel zum ordentlichen Hit. Stimmt beides, können ruhig eine Armada Bratschen und ein Dutzend Panflöten zwischendrin trällern. Die Masse mag's, weil sie's schnell schnallt. Denn der Zugang ist nicht nur da, er drängt sich praktisch auf. OM tun das nicht. Dem Radio könnten sie auch kaum ferner sein. Und doch saugt ihr Sound ein, weil das Duo einen der eingangs erwähnten Schlüsselteile perfektioniert: den Groove.

OM, das sind Al Cisneros und Emil Amos. Oder auch: der Bassist der Stoner-Metal-Hühnen Sleep und der Drummer der Avantgardisten von Grails. Richtig, nur Bass und Schlagzeug, der Rock-Rhythmus in seiner Urform. Und nach dem verstörenden Einstieg per dröhnendem Elektro von Run Dust eröffnen OM mit grolendem Bass mit Tonhöhe Erdkern. Der stämmige Cisneros (Typ: Benicio Del Toro) schließt die Augen, ist ganz weit draußen. Amos hingegen (Typ: Christian Slater) wiegelt das ab, spielt enorm hart, aber hochkonzentriert. Ganz sporadisch wirft ein Dritter, aber Unbekannter (Typ: Afroman), Synthies oder Gitarren ein.

Die Zeit vergeht hier nicht. Sie zergeht. Ob zwei, zwölf oder zwanzig Minuten dahin siechen – die Grenzen verwischen. OM sind wie ein Pendel mit Hypnosegarantie in Slow-Motion. Der zähe, warme und mächtige Sound drückt auf den Magen, Intensität regiert. Und die Band ist im Vollrausch. Cisneros lässt sich so sehr mitreißen, dass sein Gitarrengurt sich lockert – spielt er halt auf Knien weiter. Singt er, klingt's wie im tibetanischen Kloster. Macht Sinn, haben sich OM schließlich auch nach einer heiligen Silbe der Hindus, Buddhisten und Jainas benannt.

Amos hingegen lässt präzise Gewalt sprechen. Er vermöbelt sein Set dermaßen, dass er die Halterung eines Beckens schrottet. Ohnehin, dieser Schlagzeuger: Es dauert nicht lange und Schweißbäche färben sein hellgraues Shirt in dunkles Grau um. Seinen Bandkollegen lässt Amos nicht aus den Augen. Und weicht Cisneros' Timing mal minimal ab, rückt der Typ den Takt kurzerhand wieder passend. Sag's uns, Emil: Bist du Alien, Maschine oder Gott?

"Bass lauter, weniger Höhen auf den Drums" schallt's in einer Pause aus dem Publikum. Ja, das Café Glocksee wimmelte an dieser kalten Nacht vor Musikern. Und natürlich riecht's nach Hanf-Dampf, die erste Silbe von "Stoner Metal" ist schließlich nicht nur Zierde. Ein heftiger Trip. Oder: ein gigantischer Hit ohne jede Hook – aber mit identischem Effekt.

Gordon Barnard