Konzertbericht

Nathaniel Rateliff And The Night Sweats


Schmidts Katze kann einpacken: Nathaniel Rateliff und seine Night Sweats gehen zu ihren Soul- und Rock'n'Roll-Stücken so massiv ab, dass die Escobar in Berlin wackelt. Der besorgte Blick zur wankenden Bühnenbeleuchtung währt nicht lange – das Bild, das sich auf der Bühne bietet, ist einfach zu einnehmend: Die Levis-Jeansjacke komplettiert Rateliffs Neo-Cowboy-Look, seiner Band steht der Retro-Anstrich außerordentlich gut und spätestens wenn der stimmgewaltige Frontmann selbst in bester Manier das Tanzbein schwingt, kann man sich nicht mehr halten.

Die Musik der Night Sweats macht es einem aber auch nicht leicht zu widerstehen: Stampfend, schweißtreibend und markerschütternd geben sie Stücke wie "I Need Never Get Old" oder "S.O.B." zum Besten und bringen die Menge in Bewegung. Da vergisst man direkt, dass man sich auf einer überdachten Terrasse unmittelbar neben der Spree befindet, das Wetter beschissen ist und einem eigentlich kalt war.

Im beinahe schreienden Kontrast zur einnehmenden Band erscheint die Künstlerin Milly Blue. Sie führt mit Ukulele und glockenklarem Gesang in den Abend ein: Wilde Muster schmücken ihre Jacke, dicke grüne Plastikäpfel baumeln als Kette um ihren Hals und die türkisfarbenen Haare harmonieren so gar nicht mit den roten Clownbäckchen – die Britin ist eine skurrile Erscheinung und trägt dennoch bescheiden und mit vielen erklärenden Worten zwischen den Songs ihre Stücke vor.

Rateliff hingegen sagt fast gar nichts. Bemerkenswert ist, wie stark er dennoch seine Band im Griff hat, wie er mit einer Handbewegung Abläufe koordiniert, innehalten lässt oder aber das Publikum animieren kann. Dieses singt nach Ende des Konzerts den von Rateliff angestimmten Song so lange weiter, bis die Jungs eine Zugabe springen lassen.

Rateliff hat mit den Night Sweats ein Ventil für seine ungestüme Seite gefunden. Die Stücke der Night Sweats sind zwar durchzogen von der kräftigen Stimme des Künstlers, aber anders als bei seinen Solosachen nimmt die Instrumentierung und der Retrosound viel Platz ein. Die fragilen, reduzierten Singer-/Songwritersongs findet man hier, im Gegensatz zu den alten Platten Rateliffs, weniger. Ende August darf man sich davon dann auch auf Albumlänge überzeugen.

Der Abend ist leider viel zu schnell vorbei, die Musik steckt einem noch in den Gliedern, als man den kalten Nachhauseweg antreten muss und zufrieden feststellt, wie viel Energie Rateliff und seine Mannen auf ihre Zuschauer haben überspringen lassen.

Silvia Silko