Konzertbericht

Locas In Love


Eine Band, zwei Alben, zwei Filme. Die Filme, „Planet Of The Vampires“ und „Godzilla und die Urweltraupen“. Die Alben, „What Matters Is The Poem“ und „Saurus“. Die Band, Locas in Love. Das Motto des Abends „Two Originals Of… Locas In Love“. Es wurden also einfach beide Alben in Gänze und entsprechend der Original-Tracklist gespielt.

Dies, die Bestuhlung und Björn Sonnenbergs Kommunikationsbedürfnis trugen zu einer Atmosphäre bei, die an MTV-Unplugged – ohne die Stargäste und die übertriebene Coolness – oder ein VH1-Storytellers erinnerte. Die Akustik des Raums unterstützte die Außergewöhnlichkeit der Inszenierung, und die offenbare Spielfreude der Locas, die Begeisterung für das eigene „Hobby“, gaben dem Abend seine besondere Qualität.

Es ist zu vermuten, dass die meisten Zuschauer in der ersten Stunde des Konzerts, während der Vorführung des Debüts „What Matters Is The Poem“ recht neue Klänge hörten. So erlebte das Publikum den Rückblick einer Band auf eine Zeit, in der sie noch nicht so fokussiert war, in der die Musiker ihren Stil noch nicht zwischen Glasgow und New York, zwischen Chemikal Underground und Tarquin Records, zwischen Noise und Folk, zwischen Autobiographie und Drei-Minuten-Novellen gefunden hatten, sondern als sie probierten, was geht. Tatsächlich unterschied Locas In Love auf „What Matters Is The Poem“ offenbar nicht viel – aber dafür Entscheidendes – von manch anderer talentierter, sich suchender und sich findender Band, die jeder die Chance haben kann, jederzeit zu entdecken. Der Mini-Gospel „Shiver“, die laufende Suche nach dem emotionalen Hit wie zum Beispiel in „Der einzige Song“ oder die unglaublich gelungene Surf-Nummer „Lemmy Caution“ zeugen jedoch von einem tiefen Verständnis für die Schaffung von Musik, die nicht nur clever ist, nicht nur gut klingt, sondern den Hörer auch noch vollkommen packt. Dies überträgt sich live noch besser.

Das zeigt sich erst recht bei der Aufführung von „Saurus“. Die Rockigkeit der Stücke, das Gefallen am noisigen Ausbruch wie auch die Liebe zur guten Melodie und zum schlauen Text bringen Stefanie Schrank und ihre Männer mit einer Leichtigkeit auf die Bühne, die staunen lässt. Einmal mehr muss betont werden, wie sehr Bestuhlung, die Entspanntheit der ganzen Inszenierung und die Akustik des Raums sich mit dem speziellen Locas-Klang zu einer Einheit verbinden. Besagter Klang lässt sich vielleicht am ehesten als erdig, ehrlich, klassisch, emotional berührend und vor allem seelenvoll beschreiben. Wenn dann bei „Mabuse“ sich auch noch Bild – Godzilla –, Musik und Text in annäherndem Gleichklang befinden, stellt sich dieses seltene, außergewöhnliche Gefühl ein, das Musik auszulösen vermag. Einfach nur Glück. Einfache Gefühle in Worte und Musik fassen, das gelingt und gelang auch bei „High Pain Drifter“, dessen Text erst im Storyteller-Modus dieses Abends voll zur Geltung kommt und nicht nur diesen Konzertbesucher, sondern offenbar auch Björn Sonnenberg emotional reichlich mitnahm. Dessen pfeifende Unplugged-Runde durch den gesamten Raum ließ staunen und besaß das Potential, ein leicht debiles Lächeln im Auge des Konzertbesuchers zu hinterlassen.

Es sei zugegeben, vorher bestand durchaus die Sorge, es könnte ein ermüdender Abend werden. Doch weit gefehlt. Nicht zuletzt dank der Spielfreude der Locas in Love entwickelte sich dieser Oktoberabend 2010 zu einem Konzerterlebnis, das langfristig in Erinnerung bleiben wird.

Photo: Pressefreigabe

Oliver Bothe