Konzertbericht

Kettcar


Zwei Jahre nach der "Pausenunterbrechung" zum 20. Geburtstag des Bremer Towers kehren Kettcar in den ausverkauften Schlachthof zurück und machen sehr deutlich, warum sie gerade so gefeiert werden.

Wer vor etwa fünf Jahren eines der letzten Konzerte vor der Pause dieser Band erlebt hatte, dem war die Notwendigkeit dieser Unterbrechung vielleicht aufgefallen. Die Luft war raus – die Auftritte hatten etwas von einer Pflichterfüllung und der Funke sprang nicht mehr über. Nun, fünf Jahre später, mit der wichtigen und hoch gelobten Platte "Ich Vs. Wir", sind Kettcar zurück. Fast alle Termine der Tour sind ausverkauft und das mit Recht – wie sich im Laufe des Abends herausstellen soll.

Den Anfang machen Fortuna Ehrenfeld, ebenfalls beim Grand Hotel beheimatet und mit der aktuellen Veröffentlichung "Hey Sexy" unterwegs. Wer sich wegen des Schlafanzugs und der Bärentatzen-Schlappen von Sänger Martin Bechler schon auf das Schlimmste gefasst macht, wird schnell eines besseren belehrt. Das Trio macht Popmusik für Erwachsene und bekommt damit schnell die Aufmerksamkeit des Bremer Publikums. Die klugen Texte zwischen Melancholie und Wahnsinn werden von der reduzierten Instrumentierung getragen und von den eigenwilligen Ansagen Bechlers wieder auf den Teppich geholt. Ein gelungener Auftakt.

Nach kurzer Umbaupause geht das Licht aus, auf der großen Videoleinwand startet ein Bus in der Hamburger Feldstraße und die Band betritt zeitgleich die Bühne. Eben diese Videoleinwand umspielt die Songs mit ansprechenden Animationen, oder eben dem Video zu "Sommer '89". Was dann folgt, ist eine fast zweistündige Werksschau einer grandios aufspielenden Band. Den Anfang macht die "Trostbrücke Süd" vom aktuellen "Ich Vs. Wir". Die folgenden Songs "Balkon gegenüber" und "Graceland" bringen das Publikum dann früh auf Temperatur. Auch der folgende "Lovesong-Block" mit "Rettung", "48 Stunden" und "Balu" kann die Stimmung nicht trüben. Was dann folgt, ist die Fortsetzung einer perfekten Setlist aus dem Schaffen der Band mit dem obligatorischen "Landungsbrücken Raus" am Ende.

Kettcar machen an diesem Abend deutlich, wie sehr sie gefehlt haben. Wenig Show, viel Haltung und starke Songs. Bremen hat es gefallen.

Sönke Holsten