Konzertbericht

Get Well Soon


Eigentlich hatte ich meinen Donnerstagabend ja schon verplant, bis ich am Mittwoch die Nachricht erhielt, an der Livepräsentation des wohl momentan meistgelobten deutschen Debütalbums im Berliner Postbahnhof teilhaben zu dürfen. Trotz des sehr hohen Medienechos kannte niemand in meinem Freundeskreis die Band, aber nach langer Suche fand ich dann doch noch jemanden, der sich bereit erklärte, zumindest auf ein Bier mitzukommen. Wie sehr Get Well Soon im Moment von allen Medien übereinstimmend als die Nachwuchshoffnung schlechthin angesehen werden, machte sich spätestens anhand des großen Andranges verschiedenster Menschen aus der Musikbranche bemerkbar. Gespannt wartete ich mit den schätzungsweise 400 anderen Konzertbesuchern darauf, wie Get Well Soon live aussehen würden, da die "Band" laut eigenen Angaben normalerweise nur aus der Person Konstantin Gropper besteht.

Zunächst aber eröffneten "I Might Be Wrong" das Konzert, eine Elektropop/-Rock Band, die durchaus zu überzeugen wusste. Von ihnen hatte ich mir vorher ein paar Songs angehört und war eigentlich der Ansicht, dass derartiger Elektropop eher nichts für mich wäre. Es kam allerdings anders. Live überzeugten die fünf Berliner durchaus, was unter anderem daran gelegen haben mag, dass jedes Instrument für sich zur Musik beitrug und nicht nur als ergänzendes Beiwerk diente. Souverän spielten sie ein sehr abwechslungsreiches 45-minütiges Set. Lediglich die Ansagen der Sängerin Lisa von Billerbeck wirkten noch sehr schüchtern, was sich aber in den Songs nicht bemerkbar machte. Bei bestem Sound kam die rockigere Seite der Band genauso gut an wie das eine oder andere, von der Cellistin Anna (Seidenmatt) begleitete, ruhigere Stück.

Vom Prelude ihres Albums begleitet, betraten gegen 22:15 Uhr Get Well Soon die Bühne. Auf dieser war zwischendurch eine Vielzahl an Instrumenten – vom Becken, über Bläser, einem Xylophon bis hin zur E-Violine – aufgebaut worden. Insgesamt zusätzliche 6 Livemusiker bildeten die Live-Band Get Well Soon.

Als erster Song wurde das von einer sehr schönen Bläsermelodie getragene "You / Aurora / You / Seaside" gespielt und lud durchaus zum Tanzen ein. Leider wollte dies an jenem Abend niemand so recht tun, lediglich ein Kopfnicken war ab und an zu sehen. Dennoch schien bereits dieser Einstieg auch diejenigen zu überzeugen, denen die Band vorher noch unbekannt war. Selbst meine Begleitung, sonst eher im Metalbereich unterwegs, attestierte der Band bereits jetzt ein großes Potential.

In einigen der folgenden Songs wurde durchaus deutlich, warum die Band immer wieder mit Arcade Fire verglichen wird (was zum Teil vielleicht auch daran liegen mag, dass Sänger Gropper seinem Pendant bei eben jenen sehr ähnlich sieht), wenngleich Get Well Soon doch deutlich schwermütiger sind. Die Band spielte sich sehr sicher, allerdings vielleicht schon ein wenig zu routiniert und zu wenig publikumsbezogen durch ein abwechslungsreiches Set, das neben dem zu präsentierenden Album "Rest Now, Weary Head! You Will Get Well Soon" auch Stücke der ersten EP und eines Minialbums beinhaltete.

Im Mittelteil wirkte die Platzierung von mehreren ruhigen Stücken, die von einer teilweise sehr stark reduzierten Band vorgetragen wurden, ein klein wenig langatmig, was sich aber gab, nachdem wieder lautere Klänge zu hören waren. Insbesondere die Bläser trugen oftmals mit bemerkenswerten Melodien dazu bei, Get Well Soon einen Sound zu geben, der wohl in Deutschland momentan einmalig ist. Mit "Visconti 1973" spielte man einen Song von der ersten EP der Band, laut Gropper "ein Song für Opernfans und Monarchisten". Dem von einer Oper von Richard Wagner inspirierten Stück konnte man seine Herkunft durchaus anhören, gerade die von Groppers Schwester Verena gespielte E-Violine hätte auch gut in einen Opernsaal gepasst.

Nach 15 Liedern folgte dann die erste Verabschiedung des Abends, welche allerdings nicht lange währen sollte. Einen kurzen Applaus später trat Konstantin Gropper noch einmal auf die Bühne, um vom Stagepiano begleitet seine Version des Tom-Waits-Songs "Take It With Me" zu spielen. Das hätte er allerdings lieber lassen sollen, denn das klang eher so, als würde er damit in einer Castingshow auftreten wollen. Nach einer weiteren Zugabe ging die zwischenzeitlich wieder komplette Band dann von der Bühne, ehe Gropper, diesmal allein, sich noch zu einem letzten Lied bitten ließ. Es hieß "Your Teenage FBI", vorgetragen von ihm und seiner Akustikgitarre und bildete nach 90 Minuten den Abschluss eines guten, soundtechnisch nahezu perfekten Konzertes.

Insgesamt gesehen lohnt sich ein Konzertbesuch beider Bands sehr, vor allem, weil sich das Publikum auf einer Tour wohl eher der Musik entsprechend verhalten wird. Bei dieser nahezu reinen Promoshow war das leider nicht der Fall, obwohl beide Bands durchaus das Potential haben, eine herumstehende Masse zum Tanzen zu bringen.

Klaus Porst