Konzertbericht

Fanfarlo


Februar? 26.3.? Oder ist es doch schon draußen? Bezüglich des offiziellen deutschen Release-Datums von Fanfarlos Debüt „Reservoir“ scheint sich niemand so richtig im Klaren zu sein. Macht aber nichts: Zumindest in den Hamburger Dunstkreis scheint die Kunde, was für ein feines Stück Musik eben dieses Album ist, durchgedrungen zu sein, die Prinzenbar ist dementsprechend ausverkauft. Die – gemessen an der Größe des Clubs überproportional lange – Gästeliste lässt weiterhin vermuten, dass das junge Londoner Quintett auch für Feuilleton und Presse ein potentielles Thema ist. Zurecht, wie sich zeigen wird.

Doch vor Fanfarlo gibt es erst einmal sentimentale Scheiße. Und nein: Hier will der Autor nicht seiner Vorliebe für unqualifiziertes Gepöbel freien Lauf lassen, sondern bezieht sich auf Angaben auf der Myspaceseite des Künstlers Spaceman Spiff. So wäre es nämlich auch vollkommen unangebracht, Fäkalausdrücke für die Musik des Lokalmatadoren zu benutzen, der – begleitet von Glockenspiel, Kontrabass und einem ungewollten Laberchor von Seiten des Publikums – zwar keinen weltbewegenden, aber dennoch schönen deutschsprachigen Akustik-Gitarren-Pop spielte. Urteil: Potentieller Favorit auf hohe Platzierungen im nächsten Songwriter-Slam. Auch ein Gisbert zu Knyphausen wird sicherlich nicht sehr anders angefangen haben.

Wenig später betreten Fanfarlo die kleine Bühne der Prinzenbar – oder zumindest ein Teil von ihnen: Beim Opener „Drowning Men“ beschränkt sich die Band noch auf Gitarre, Drums und den Einsatz von Multi-Instrumentalistin Cathy Lucas, bevor das Line Up um Bassist Justin Fench und (Multi-Instrumentalist #2) Leon Beckenham ergänzt wird. Der Fünfer in seiner Gesamtheit harmonisiert dann zwar nicht in seiner Kleidungswahl – Frontmann Simon Balthazar präsentiert sich schniek im Anzug, während andere Bandmitglieder mit in Kapuzenpullovern versteckten Köpfen beinahe wie Klischee-Postrockbandmitglieder wirken und Kathy Lucas mit unidentifizierbaren Accessoires bestückt ist – , dafür musikalisch umso mehr und beweisen im Laufe ihres Auftritts, dass der vielleicht schönste Indiefolk seit Mumford & Sons auch live funktioniert.

Dass die Band für Ansagen kaum den Mund aufbekommt und abgesehen von einem kurzen „Danke“ gerade einmal ihren Schlafmangel der vorherigen Nacht erwähnt, fällt kaum auf und wäre anders wohl auch eher störend gewesen: Die gleichmäßig im Set verstreuten „Hits“ des Debüts – das bereits früh begeisternde „Harold T. Wilkins Or How To Wait For A Very Long Time“ sowie das später folgende „The Walls Are Coming Down“ werden auch ohne Hilfe erkannt und das kompakte, knapp einstündige Set wäre auch mit künstlicher Laberverlängerung kaum noch schöner geworden. Es bleibt die Lust auf ein Wiedersehen mit der Band – ihre baldige Rolle als Support der bereits erwähnten Mumford & Sons ist nämlich leider nur auf das Vereinigte Königreich beschränkt. Haldern, anyone?

Photo Credit: Eva Vermandel

Jan Martens