Konzertbericht

Bonobo


Wir müssen reden. Über Konzerte. Wenn es darum geht, ein Konzert zu bewerten, ist die Musik, der Künstler, immer nur ein Teil des Gesamterlebnisses. Denken wir zurück an die schönsten, perfektesten Konzerterlebnisse, erinnern wir uns auch an die Sonne, die langsam unterging, als man aus der S-Bahn stieg, die Klänge des Abends als Vorboten im Ohr oder die friedliche Atmosphäre all jener Konzertbesucher, die das Sein im Hier und Jetzt genossen, sich vielleicht schon seit Wochen und Monaten auf diesen Abend gefreut haben. Manche Menschen mögen hier von "Vibe" sprechen, Filmemacher berufen sich auf den Begriff "Atmo". Es geht um alles, was das Eigentliche umgibt.

Diese Einordnung zu Beginn einer Rezension zu Bonobos Konzert in der Kölner Live Music Hall am 17. Februar ist notwendig, um zu verstehen, dass der Brite selbst nicht den Hauch einer Schuld an der eher mittelmäßigen Bewertung des Abends hatte. Mit seinem Set, wohl durchchoreographiert und seine Suche nach der eigenen musikalischen Identität widerspiegelnd, versucht Bonobo jene intime Atmosphäre zu schaffen, die den Sound für sich sprechen lässt, um immer wieder langsam auf den Dancefloor zu deuten. Hypnotische Projektionen unterstreichen die orchestralen Arrangements, die Bonobos Œuvre so einzigartig machen. Stimmlich begleitet wird diese wilde, aber wohlkonzipierte Reise durch das eigene Schaffen von Szjerdene Mulcare, deren charakteristischen Soul wir bereits von Songs wie "Transits" kennen und die hier sogar Nick Murphys (fka Chet Faker) Part im großartigen "No Reason" übernimmt. Besser hätte es kaum sein können.

Trotzdem bleibt es stellenweise beim Versuch, denn an diesem Freitagabend hätten die Interessen unterschiedlicher vielleicht nicht sein können. Menschen, die schon früh an der Live Music Hall anstehen, weil sie sich auf das seit Wochen ausverkaufte Konzert freuen und einen guten Platz ergattern wollen, treffen auf jene, die das Set als klassische Vorglüh-Veranstaltung verstehen und sich locker mit den Freunden über die neuesten Geschehnisse austauschen möchten – in der einen Hand ein Kölsch, in der anderen das einsatzbereite Smartphone, damit die Dancefloor-Hits dann fix zielgruppengerecht auf Instagram geteilt werden können. Die ausverkaufte Live Music Hall lud zu allem Übel an diesem Abend (gerade im Eingangsbereich) geradezu ein, das Konzert als Nebengeräusch wahrzunehmen. Die offene Eingangstür spiegelte nicht mal mehr den Abschluss eines symbolischen Raumes wider, in dessen vier Wänden jemand gerade sein musikalisches Herz ausschüttet.

Die daraus entstehende Dynamik (vor allem im hinteren Drittel der Halle) unterschied sich so leider kaum von den freitagabendlichen "Pop Life"-Veranstaltungen und wurde der künstlerischen Darbietung Bonobos nicht ansatzweise gerecht und leitet – wenn man denn will – über in eine viel größere Diskussion über angemessenes Verhalten auf Konzerten und den Respekt vor der künstlerischen Darbietung im Jahre 2017.

Andreas Peters