Konzertbericht

A Storm Of Light, Hark und Mustard Gas & Roses


Glücklich kann sich schätzen, wer Postrock und Postmetal verfallen ist – so auch auf der aktuellen Tour von A Storm Of Light, Hark und Mustard Gas & Roses. Und das nicht etwa, weil man sich so die Bandshirts mit den schönsten Jugendstilmotiven überstülpen und den Volume-Regler seiner Boxen auch aus vernünftigen Gründen bis zum Anschlag aufdrehen kann: Kaum ein anderes Genre bietet unter so gut wie jedem Radar so eine ungeheure Vielfalt an tollen, mit großen Livequalitäten versehenen Bands, die darüber hinaus mit Vorliebe in Zweier- bis Viererpaketen auf Reise gehen. Insbesondere das Hamburger Hafenklang ist bei diesen Events ein beliebter Gastgeber.

Auch wenn A Storm Of Light, einst als Nebenprojekt von Neurosis' Josh Graham gestartet, offiziell als Galionsfigur der Tour fungieren, geht das Konzept "Headliner" nicht wirklich auf: Die Setlängen aller Bands sind identisch und Mustard Gas & Roses, hinter dem Isis-Gitarristen Mike Gallagher steckt, lediglich als Opener zu bezeichnen, wird seinem Auftritt auch nicht gerecht. Diesen startet er zunächst knapp fünf Minuten lang solo mit wenigen, teils geloopten Klängen seiner Gitarre, bevor die Band dazustößt und ein Set mit vereinzelten Ausflügen in den Metal und die Gitarrenwände des Postrock präsentiert. Dass Mustard Gas & Roses sich auch schon für Filmsoundtracks verantwortlich zeichneten – es verwundert nicht.

Mit Hark folgen knapp 20 Minuten später die heimlichen Stars des Abends, denen bereits ein kleiner, aber beachtlicher Hype vorausging. Und so beweisen die Südwaliser auch in der Tat, dass sie die entstehende Lücke als spannendste Band des Sludge schließen können, sollten Baroness weiterhin Prog und Rock entgegen schweben wollen: Wer bereits im Opener "Palendromeda" (das auch das jüngst erschienene Debütalbum "Crystalline" eröffnet) solch donnernde Riffs mit virtuosem Gegniedel vermischen, das durch wildeste Rhythmus- und Tempowechsel hindurch beibehalten kann und diese Leistung dann auch noch 40 weitere Minuten durchhält, qualifiziert sich auf jeden Fall für die Thronfolge – und dass Jimbob Isaac es auch noch kommentarlos über sich hinweg gehen lässt, wenn ihn ein betrunkener Zuschauer lautstark "Enrique Iglesias" nennt, zeigt, dass auch die dafür nötige Souveränität bereits vorhanden sein muss.

Wie souverän A Storm Of Light nach mittlerweile vier Alben sind, muss hier nicht mehr betont werden und ist auch spätestens seit dem vierten Album "Nations To Flames" im kollektiven Metaller-Bewusstsein verankert. Dass dieses den Fokus mehr vom Postrock zu Industrial und Doom verschob, zeigt sich auch live: Zum einen ist das gesamte Set einfach ungeheuer kraft- und druckvoll – für langsamen Aufbau ist kaum Platz, bereits von Anfang an tobt in der Tat ein metaphorischer Sturm. Auch die Videoshow im Hintergrund passt dazu: Ob Sonnenexplosionen oder eine Weltkarte voll fiktiver Atombombenabschüsse – visuell werden A Storm Of Light ihrem Namen auf jeden Fall gerecht.

Als sich A Storm Of Light schließlich nach einer knappen Dreiviertelstunde mit knappen Grußworten verabschieden, tun sie das dann auch standesgemäß ohne Zugabe. An der Begeisterung des Publikums kann's nicht gelegen haben – auch wenn dieses gerade einmal groß genug war, um zwei Fußballmannschaften (ohne Ersatzbanken) zu füllen. Und wieder einmal zeigt sich: Viel zu wenige sind sich darüber im Klaren, was für eine sichere Bank es ist, den Abend statt mit einschläfernder DFB-Pokal-Begegnungen in ein Postmetal-Konzert zu investieren. Wer das Licht – und zwar einen ganzen Sturm davon – noch erleben will: Die Tour von A Storm Of Light, Hark und Mustard Gas & Roses geht noch bis zum 28. April.

Jan Martens