Interview

Sol Seppy


Ein typischer Herbsttag in der großen Hanse, feucht, kühl, windig. Und trotzdem hängen noch allerorts Blätter. Also genau die richtige Stimmung um mit der bezaubernden Sophie Michalitsianos in Hamburgs Kultclub Molotow ein Interview zu führen. Zuerst wissen wir nicht wohin, dann beschließt sie einfach rauszugehen. Wir setzen uns auf Treppen und mir fehlen die Worte. Diese in die Kapuze vergrabene Frau ist zu schön. Griechin, doch auf der ganzen Welt zuhause, da überall schonmal gelebt. Musikalisch sozialisiert in Australien. Man sieht, für Gesprächsstoff ist gesorgt. Und mir ist bitterkalt.

Hallo Sophie. Hast du schon was von Hamburg gesehen? Du warst ja schon überall, in Deutschland noch nicht.

Sophie (in gebrochenem Deutsch): Isch woar noch nischt je gewaysen in Doitschland, abor isch gefällt hier sehr good.

Was hast du denn bislang gesehen?

Sophie (wieder auf englisch): Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich eigentlich wirklich so gut wie nichts sehe. Das ist aber dieses typische Interview-Ding. Natürlich sagen alle, dass sie nichts sehen, aber bei mir ist es so, dass ich eine Stadt spüre. Das Gefühl, die Energetik, die mir eine Stadt vermittelt, die sauge ich in mich auf und das spüre ich dann in mir weiter. Noch Jahre danach. Ich werde Hamburg weiter in mir tragen, dein Gesicht wird mir ganz sicher ebenfalls einfallen.

Hier auf dem Kiez dürfte die Energetik ja besonders sein.

Sophie: Ist sie, glaub mir. Horch mal in dich rein, dann spürst du es auch.

Sophie, warum hast du nicht den professionellen Musikerweg gewählt? Wieso bist du in diese Indie-Schiene gegangen, bist nicht ins elitäre Metier gegangen? Ich kann das nicht nachvollziehen, du hast am Konservatorium in Sydney studiert. Warum Sol Seppy? Warum nicht Salzburger Festspiele und Stardirigenten?

Sophie: Danach war mir eben nicht. Ich hab auf mein Herz gehört und mein Herz ist voller Liebe. Auch voller Liebe für das, was ich tue. Meine Entscheidung war genau das Richtige. The sophisticated world ödet mich an. Ich will zwischen Menschen sein, nicht zwischen Zombies.

Sind Sparklehorse genau die Richtigen?

Sophie: Absolut. Das sind tolle Leute, mit denen ich mich wunderbar verstehe und die mir die Freiheit lassen, das zu tun, was ich will. Besser kann es gar nicht sein. Wir sind ein perfektes Franchise-Unternehmen, wir alle.

Gibt es noch andere Projekte?

Sophie: Ich mache einfach nur liebend gerne Musik. Unter welchem Namen das läuft, ist völlig nebensächlich. Ich will nichts ausschließen, aber auch nichts herbeibeschwören wollen. We'll see, we're still so damn young.

Ich merke in deinen Texten einen großen Hang zum Nachdenklichen. Dein Name bedeutet ja schließlich auch Weisheit. Passende Wahl. Du stellst essenzielle Fragen, aber hast du auch Antworten parat?

Sophie: Jeder hat Antworten parat, die werden jedem bei der Geburt in einem kleinen roten Kästchen in der Brust mitgeliefert, sind quasi inklusive. Der Schlüssel zum Kästchen ist allerdings im Kopf versteckt. Wenn man beides findet, hat man alles richtig gemacht. Ich denke, dass ich früher sehr naiv war und mittlerweile sehr viel dazugelernt habe. Ich begehe nicht mehr die gleichen dummen Fehler wie damals. Aber ausgelernt habe ich noch lange nicht, so weit würde ich nie gehen. Ich versuche mir treu zu bleiben und mache das Beste aus dem vor mir liegenden Weg. Mal schauen, wo er mich hinbringt, momentan bin ich in Hamburg, glaube ich.

Was ist, wenn ich mich gerade in dich verliebt habe?

Sophie: Das überlege ich mir, wenn du dich tatsächlich in mich verliebt hast.

Woher willst du wissen, ob ich mich in dich verliebt habe oder nicht?

Sophie: Das kann ich doch gar nicht wissen, das musst du wissen.

Ich glaube schon.

Sophie: Glaubst du, oder bist du sicher?

Ich bin so unprofessionell gerade.

Sophie: Kann man beim Verliebtsein Professionalität erlangen?

Ach Quark, ich meine doch das Interview.

Sophie: Welches Interview, ach das hier, alles klar.

Ich bin verwirrt.

Sophie: Warum, sich zu verlieben ist doch was Tolles.

Ja, aber nicht mitten im Interview mit jemandem den man gar nicht kennt.

Sophie: So funktioniert das aber nunmal.

Aber du bist viel älter als ich.

Sophie: Mach mir doch nicht zum Vorwurf, dass du meinst, dich verliebt zu haben, ohne es so wirklich zu wissen.

Woher willst du wissen, ob ich weiß, oder nicht weiß, dass ich mich verliebt habe?

Sophie:: Sowas weiß man eben.

Du willst mich nur provozieren.

Sophie: Du hast doch angefangen mit dem Verliebtsein.

Ha, ich wusste, dass du es mir zum Vorwurf machst.

Sophie: Das ist total unfair, ich mache gar keine Vorwürfe.

Ach Sophie...

Sophie: Konstantin, du bist niedlich.

Der Tourmanager kommt und ruft Sophie runter.

Sophie, ich seh dich dann auf der Bühne und großes Dankeschön für das Gespräch.

Sophie: Aber sehr gerne doch. Ciao.

Konstantin Kasakov

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Rezension zu "The Bells Of 1 2" (2006)

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