Interview

Peter Broderick


Broderick am Strand – ein Treffen mit Peter Broderick während des "By the Lake"-Festivals am Strandbad Weißensee.

Während der Herbst sich langsam ins Jahr schleicht, sind Erinnerungen an gelungene Sommertage besonders schöne Orte im Gedächtnis. Einer davon ist das rund um die Efterklang-Clique und das zugehörige Online-Radio The Lake organisierte "By The Lake"-Festival, welches, selbstorganisiert und ohne Sponsoren, bereits zum dritten Mal im Strandbad Weißensee in Berlin stattfand. War es im vergangenen Jahr noch auf zwei Tage aufgeteilt, erwartete die Besucher*innen in diesem Jahr bei schönem Wetter ein leidenschaftlich zusammengestelltes Tagesprogramm mit Michael Rother der legendären NEU! als Headliner, Janka Nabay & The Bubu Gang als großartiger, verspielter elektronischer afrobeatiger Neuentdeckung oder der Trip-Hop-Songwriterin Perera Elsewhere, von der sicher noch zu hören sein wird. Als ehemaliges Efterklang-Mitglied wurde Peter Broderick für das Festival dazu eingeladen, Stücke von Arthur Russell zu interpretieren – jenem Musiker, der auf der beständigen Suche nach neuartigen Klängen eine einmalige Art des Musizierens und Komponierens entwickelte, die zu seinen Lebzeiten Musiker wie Philip Glass und David Byrne beeinflusste und bis heute Musiker*innen grundlegend inspiriert.

Welche Verbindungen Peter Broderick zu ihm zieht, wovon seine Musik inspiriert ist und wie die Annäherung an die Stücke Russells verlief, erzählte er uns gut gelaunt vor Beginn des Festivals.

Peter, wie ist deine Beziehung zu Berlin, zu den Musiker*innen hier in der Stadt?

Peter: In der Tat habe für drei Jahre in Berlin gelebt, zuerst in Mitte, später dann in Neukölln, wo ich mir eine Wohnung mit Martyn Heyne (ehemals Efterklang, Anm. d. R.) geteilt habe, der dort auch ein Studio betreibt, Lichter-Studio, in dem wir viel zusammen gearbeitet haben. Zuvor habe ich einige Jahre in Dänemark gelebt und mit Efterklang gearbeitet, daher kannte ich schon einige Menschen, denen ich dann in Berlin wieder begegnet bin.

Welche Rolle spielt für dich und deine Musik dann die Umgebung, in der du lebst?

Peter: Für mich fühlt es sich immer an, als dass der Ort, an dem man lebt, einen auf einer sehr unterbewussten Ebene beeinflusst. Ich dachte mir niemals: "Ok, was heißt es für mich, hier in der Stadt zu sein, vielleicht sollte ich einen Song über Berlin schreiben!". Nichtsdestotrotz – all die Menschen, mit denen man sich an bestimmten Orten umgibt, fließen immer irgendwie ein in die Musik. Als Beispiel: Bevor ich nach Berlin gezogen bin hatte ich keinen Bezug zur Techno-Musik, sie war einfach nie in meinem Leben gewesen. Und nicht nur Techno, sondern auch viel dieser Party-type-Music hat mich plötzlich umgeben. Davon bin wiederum sehr beeinflusst worden und habe angefangen, Musik zu schreiben, die deutlich rhythmischer und lebendiger war.

Das ist interessant – beim Hören deiner Musik scheint es mir auch immer, als gäbe es ein starkes Zufallselement, sodass die Stücke eher eine Zusammenstellung kleinerer Fragmenten sind, ohne zu viel darüber nachzudenken.

Peter: Ja! Mein Prozess ist bisher immer sehr intuitiv gewesen. Ich denke über die Dinge einfach nicht zu viel nach, ich mache einfach Musik, veröffentliche sie und schaue, was passiert. Ich experimentiere sehr gerne mit unterschiedlichen Musikrichtungen und halte es offen.

Diesen Eindruck hatte ich auch bei deinen letzten Veröffentlichungen, insbesondere "Partners" – ein Album, das als Konzeptalbum ganz dem Prinzip des Zufalls folgt.

Peter: Absolut. Ich tendiere immer dazu, vor und zurück zu gehen – das Album, das ich vor "Partners" gemacht habe ("Colours Of The Night", Anm. d. R.), waren Pop-Songs mit einer Band. Danach hatte ich das Gefühl, etwas komplett anderes zu machen; ein wenig wie Arthur Russell, der immer sehr daran interessiert war, verschiedene musikalische Welten miteinander zu verbinden, zum Beispiel klassische Musik mit Pop-Musik. Diese Schnittstellen verschiedener Genres mag ich immer sehr; sonst wird es mir einfach zu langweilig, wenn ich eine Sache zu lange mache. Ich muss die Elemente ständig neu mischen, um es auch für mich interessant zu halten.

Wie lässt sich aus diesem Prinzip dann überhaupt der nächste Schritt planen, oder entsteht das eine aus dem anderen?

Peter: Oft ergeben sich neue Projekte für mich auch aus Zufall. Als ich zum Beispiel "Partners" geschrieben habe, habe ich im Vorfeld mit Robert Raths gesprochen, der das Erased-Tapes-Label leitet, und er hat sich von mir ein Piano-Album gewünscht – daher hatte ich die Gewissheit, dass es für solch ein Album eine Möglichkeit gäbe. Davor habe ich das Album "Colours Of The Night" gemacht. Das wiederum war eine Einladung von Musikern aus der Schweiz, die mir angeboten haben, eine Band für mich zusammenzustellen, mit der ich ein Album produzieren könnte – also haben wir das gemacht. Dabei war es im Vorfeld überhaupt nicht so, dass ich mir gedacht hätte: "Jetzt muss ich ein Album mit einer Band machen!" Ich folge einfach den Möglichkeiten, die sich ergeben.

Das ist schön!

Peter: Ja ... und auch für dieses Festival war es ähnlich: Es war nicht mein Plan, ein Set mit Arthur-Russell-Songs zu spielen, es war die Idee der Efterklang-Leute, die wiederum auch die Band zusammengestellt haben, mit der ich heute spielen werde. Ich mache einfach mit bei dem Plan!

Welche Rolle spielt für solch einen Kreativprozess dann ein Label wie Erased Tapes? Denn passenderweise singst Du auf der letzten Veröffentlichung auf dem Label, "Find The Ways", im letzten Song: "Please Robert, let me put out seven new records."

Peter: Dieses Label im Besonderen liegt mir sehr am Herzen. Ich habe bereits mit einigen verschiedenen Labels zusammengearbeitet, und bei Erased Tapes habe ich einfach das Glück, eine sehr gute Freundschaft zu Robert zu haben. Von Zeit zu Zeit hadere ich sehr mit der ökonomischen Seite von Musik. Ich mag es einfach, Musik zu machen und sobald Geld ins Spiel kommt, können die Dinge sehr verworren werden. Robert hingegen steckt sehr viel Herzblut in seine Arbeit, und auch wenn er ein unglaublicher Geschäftsmann ist, ist er nicht nur ein Geschäftsmann.

Es geht in erster Linie nicht um das Geld.

Peter: Genau. Ich vertraue Robert sehr, und umgekehrt vertraut er mir und meiner Musik sehr, sodass wir so sehr gut zusammenarbeiten können. Diese ganze Label-Sache ist auch wirklich interessant, denn ich denke, dass ein Label der Art und Weise, wie man Musik hört und wahrnimmt, einen Kontext gibt, oder?

...wie eine Art Zuhause.

Peter: Ja, alles ist unter diesem Schirm, sodass man bereits vor Veröffentlichung ein Gefühl für die Musik bekommt, wenn man weiß, auf welchem Label sie erscheint. Das wiederum ist ein sehr interessanter Gedankengang, wenn man sich vorstellt, wie vielleicht eines dieser Alben auf einem anderen Label erschienen wäre und dadurch möglicherweise anders rezipiert würde.

In der Tat ist es so auch für mich bei Veröffentlichungen auf Erased Tapes: Auch wenn ich den*die Künstler*in nicht kenne, werde ich es mir in jedem Fall anhören, denn es läuft über Erased Tapes und ich weiß, dass dies ein Zeichen für Qualität und insbesondere für ein Konzept von Musik ist, das ich liebe.

Peter: Mir geht es genau so. Auch wenn es, insbesondere in den Anfangstagen von Erased Tapes, eine Weile gedauert hat, um die Identität des Labels zu festigen, fühle ich mittlerweile, wie stark der Charakter ist. Was sehr schön zu sehen ist – auch wenn ich nicht sagen kann, wie genau das passiert ist.

Im Gespräch wird deutlich, dass die bemerkenswerte Reichweite und der musikalische Einfluss, welche Erased Tapes bereits nach zehnjährigem Bestehen – ein Jubiläum, welches im Verlauf dieses Jahres in unterschiedlichen Formaten gefeiert wird – entwickelt hat, vor allem aus den starken persönlichen Beziehungen zwischen allen Beteiligten gewachsen ist. Eine Arbeitsweise, die mehr auf Vertrauen als auf ökonomische Verwertbarkeit baut und von einer starken Loyalität der Künstler*innen geprägt ist, denen im Gegenzug eine künstlerische Freiheit gewährt wird, die sich scheinbar an nur wenig anderen Orten derart entfalten könnte.

An dieser Stelle des Gesprächs schließt sich ein munterer Austausch über Labels und Bands an, die mit einer ähnlich starken Identität ihre Musik zugänglich machen. Für die interessierten Leser*innen empfiehlt Peter Labels wie Temporary Residence, Shelter Press und Constellation Records, die allesamt ein breitgefächertes Portfolio haben, mit dem einige der kommenden Herbstabende füllen kann, wer neue Musik entdecken will.

An diesen Austausch über die Identität verschiedener Labels und die dahinter stehenden Ideen von Musik schließt sich die Frage an, ob es in deinem musikalischen Prozess zentrale Ideen gibt, auf die du immer zurück kommst?

Peter: Was ich merke, ist, dass die besten Dinge, die ich mache, immer dann entstehen, wenn ich überhaupt nicht darüber nachdenke. Ein Beispiel: Wir haben Freunde eingeladen zum Essen, und alle sitzen nach dem Essen zusammen und trinken Tee, während ich mir die Gitarre nehme und etwas vor mich hin spiele; dann gehen alle nach Hause und ich setze ein paar Worte zusammen, und dann ist da ein Stück Musik, ohne dass ich darüber nachgedacht hätte, an diesem Tag einen Song zu schreiben. Von Zeit zu Zeit passiert es einfach so, woraus oft die besten Stücke entstehen. Nichtsdestotrotz habe ich auch andere Zugänge ausprobiert, indem ich beispielsweise zuerst Texte schreibe und daran die Musik anpasse, oder auch indem ich die Musik anderer Menschen lerne. Ebenso habe ich bereits in vielen verschiedenen Bands gespielt, was sich sehr von meiner ansonsten eigenständigen Arbeitsweise unterscheidet. Die Art der Spontanität und des Zufalls ist dann doch letztendlich der einzige Ansatz, auf den ich immer wieder zurückkomme.

Wäre es eine passende Beschreibung, dich dabei als Medium zu sehen, über das die Musik einfach entstehen und geäußert werden kann?

Peter: Absolut! Wie ein Gefäß – die Musik ist immer da, man muss sie nur kanalisieren. Ja, genau so ist es letztendlich. Manchmal weiß man nur nicht, wann es passieren wird. Und wenn ich dann versuche, es zu erzwingen, ist es schrecklich; es macht keinen Spaß und fühlt sich nicht lohnenswert an. Es ist das Beste, einfach offen dafür zu sein, diese Dinge zu empfangen.

Also vertraust du einfach darauf, dass es passiert?

Peter: Ja, und oft passiert es dann auch einfach nicht. Die letzten Jahre habe ich beispielsweise bei weitem nicht so viel Musik geschrieben, wie ich es zuvor getan habe. Ich habe zwar weiterhin Musik veröffentlicht, die jedoch oft Stücke waren, die ich bereits vor längerer Zeit geschrieben habe und aus unterschiedlichen Gründen noch nicht veröffentlicht hatte. Und nun sitze ich hier und spiele die Musik eines anderen Künstlers, von der ich auch nichts selbst geschrieben habe. Dennoch ist es für mich immer noch ein sehr ergiebiger kreativer Prozess, die Musik anderer zu lernen.

Wie hast du dich dabei der Musik von Arthur Russell genähert?

Peter: Ich habe in der Tat jahrelang schon seinen Namen gehört, ohne jemals seine Musik gehört zu haben. Auch kamen häufig Menschen nach meinen Konzerten zu mir und erzählten, dass es sie sehr an Arthur Russell erinnert. Dann habe ich zufällig seine Musik gehört und war direkt überwältigt – das war etwa 2009/2010, eine Zeit, in der ich wirklich sehr viel seiner Musik gehört habe, sodass ich an einen Punkt kam, an dem ich schlichtweg zu viel gehört hatte und erst einmal wieder etwas anderes hören musste. Dann kam jedoch Rasmus Stolberg (Efterklang, Anm. d. R.) und hat mich eingeladen, dieses Projekt zu machen, wodurch ich mich dann erneut intensiv und auch noch stärker als zuvor mit Arthur Russell beschäftigt habe, was ein sehr schöner Prozess war. Ähnlich ergeht es mir auch mit anderen Dingen, in die ich mich eine Zeit lang sehr vertiefen kann, dann braucht es jedoch einen anderen Input, und eventuell entdeckt man es dann 10, 15 Jahre später erneut und ist wieder von Neuem überwältigt.

Und ich denke, es passiert auch in anderen Situationen, wenn man selbst Musik entwickelt, dass man plötzlich Fragmente von Stücken wiedererkennt, die man vielleicht vor Monaten mal gehört hat.

Peter: Sicherlich, solche Dinge erscheinen immer plötzlich. Das wiederum ist ja auch der Kern von Musik – alles wird beständig wiederverwertet, denn es gibt ja einfach nur eine begrenzte Anzahl an Akkorden.

In diesem Sinne verstehe ich auch Cover-Versionen: Es ist eine Art Dialog zwischen verschiedenen Menschen, die jeweils neue Elemente beleuchten, der letztlich jedoch einfach Musik bleibt.

Peter: Ja, und Musik ist ja auch eine sehr gemeinschaftliche Sache, etwas, das wir immer teilen. In der einfachsten Variante kommen Menschen zusammen und singen Stücke, die alle kennen, und die allen gehören, was wiederum das Großartige an Musik ist. Ähnlich ist es, wenn du ein Album wirklich liebst, dann fühlt es sich an, als gehöre dir dieses Album, denn es wird ein so starker Teil deiner Identität. Wenn man dann andere Menschen trifft, die ebenso diese Musik mögen, hat man direkt etwas gemeinsam. Daher denke ich, dass für Menschen, die die Musik von Arthur Russell lieben, es einfach wunderbar ist, in der Lage zu sein, diese Stücke zu teilen. Es ist dieser Aspekt der Gemeinschaft, in der Musik allen gehört und dazu existiert, um geteilt zu werden.

Dieses Gefühl habe ich insbesondere bei deinem www.itstartshear.com-Projekt, das für mich genau diesen Charakter hat, dass es sehr offen für jeden ist und sich dabei stetig erweitert.

Peter: Exakt, denn dieses Projekt umfasst letztendlich jeden, und das tut es immer: Man macht Musik, die für einen selbst gewisse Dinge bedeutet, aber sobald es veröffentlicht ist, bekommt man Feedback und erst dann beginnt man wirklich zu lernen, was es für alle Anderen bedeutet. Und das ist, wie du gesagt hast, der Dialog. Daher finde ich es auch immer schwierig, wenn ich Menschen treffe, die zu besitzergreifend mit Musik umgehen. Ich wäre auch sehr traurig, wenn heute jemand im Publikum wäre, der*die denken würde: "Das ist nicht annähernd so gut wie das Original, Arthur würde es hassen." Denn das ist nicht der Punkt bei dem Ganzen, sondern der Aspekt, die Musik zu teilen.

Wie war es denn für dich, innerhalb dieses Projekts ein Stück deines Vaters zu covern, von jemandem, der einem so Nahe steht?

Peter: Es hat sich für mich sehr natürlich angefühlt, ebenso wie ich von Zeit zu Zeit Stücke spiele, die meine Mutter geschrieben hat. Als ich ein Kind war, war Musik bei uns zuhause allgegenwärtig – jeder spielte Instrumente, auch wenn wir nicht alle die selben musikalischen Interessen hatten. Als ich Nirvana mochte, gefiel es meinen Eltern eher weniger ... doch je älter ich wurde, desto mehr habe ich auch die Musik zu schätzen gelernt, die meine Eltern gehört haben, als ich jünger war. Musik zu entdecken, die von meinem Vater oder meiner Mutter geschrieben wurde, ist für mich wirklich wie Gold zu finden. Wenn man eine gute Beziehung zu seinen Eltern hat, dann vertraut man ihnen, hört ihnen zu und weiß dabei, dass sie mehr Erfahrungen gesammelt haben. All diese Dinge sind schwer zu verstehen, wenn man noch jung ist, aber während man älter wird, lernt man es wirklich wertzuschätzen. Daher haben diese Stücke meiner Eltern eine große Bedeutung für mich.

Wie du über diese Musik sprichst, passt gut zu meiner Wahrnehmung deiner Musik und der Art, wie du sie veröffentlichst, da es mir oft scheint, dass es sehr viel mit "Egolosigkeit" zu tun hat, es geht dabei nicht vorrangig um dich als Person.

Peter: Oh, das freut mich zu hören! Auch wenn mein Ego zeitweise mit verwickelt ist, führe ich schon eine sehr bewusste Anstrengung, das nicht passieren zu lassen.

Denn oft ist es ja genau anders herum: Es gibt Alben, bei denen die Idee dahinter so eindeutig in die Art der Musik und des Gesamtkonzepts gesteckt wurde, dass die Künstler*innen einen nahezu dazu zwingen, exakt diese Idee auch wahrzunehmen und anzunehmen.

Peter: Das passiert wirklich sehr oft. Viel der sogenannten "Mainstream-Musik" zwingt die Hörer*innen ja nahezu, diese Musik zu schlucken – aber das habe ich in der Tat niemals tun wollen. Vielleicht, als ich noch ein Kind war, und mir dachte: "Eines Tages werde ich ein Rockstar sein." In der Tat habe ich, als ich begann, Konzerte zu spielen, diese Art der Aufmerksamkeit wirklich geliebt, der Fokus zu sein und einen Push für das eigene Ego zu bekommen, wen jemand ein Kompliment macht. Aber all diese Sachen bringen einen tief im Inneren nicht weiter, denn wenn Du glücklich sein möchtest, musst du von dir selbst aus glücklich sein und nicht nur das annehmen, was andere Menschen aus deiner Musik nehmen und wie großartig dich andere finden. Mitunter passiert es dennoch, denn es ist eine seltsame Sache, auf der Bühne zu stehen, mit dem Publikum vor einem. Oftmals wird man von anderen auf einen Sockel gestellt, die einen als eine größere Sache wahrnehmen. Ich erinnere mich auch gut daran, dass ich es gefühlt habe, als ich als Kind zu Konzerten gegangen bin und dachte: "Die Musiker*innen da oben sind Götter, und ich bin so nervös, ich würde mich wirklich gerne trauen, sie anzusprechen." Aber letztendlich sind es einfach nur andere Menschen. Künstler*innen können dieses Bild jedoch auch bewusst kreieren, zusammen mit dem Publikum, denn es braucht beide, um diese Stimmung zu erzeugen. Ähnlich ist es auch, wenn Menschen ein Bild, dass sie von dir haben, auf dich projizieren, da sie deine Musik häufig gehört haben und diese Idee davon entwickelt haben, wer du bist, was sich aber nicht nach einem selbst anfühlt. Nach Konzerten passiert es mir auch manchmal, dass ich direkt erkennen kann, ob Menschen zu sehr von mir fasziniert sind, denn dann funktioniert es nicht, wir können kein Gespräch führen.

Der lange, gemütliche Tag am Strand endete pünktlich um 22 Uhr (die Nachbarn!) mit einem hypnotisierenden Konzert von Michael Rother, Gründer der wegweisenden NEU!. Während einem bei der Fahrt nach Hause noch im Loop die Gitarrenmelodien im Kopf hängen, die Rhythmen des wie mechanisch gespielten Schlagzeugs den Tritt in die Pedale antreiben, kommt der Gedanke, dass bedingungslose Leidenschaft und über jegliche Genre-Grenzen verlaufende Kollaborationen zwischen verschiedensten Menschen doch noch immer die schönsten Elemente von Musik sind. Die Ideen eines Musikers wie Arthur Russell bleiben dafür ein besonderes Vorbild, das "By The Lake"-Festival schafft einen Ort, um sie umzusetzen. Wir sind gespannt, was dieses tolle Festival sich für uns im nächsten Jahr ausdenken wird und werden kommen, denn auch wenn niemand aus dem Line-up bekannt ist, ist auf die Macher*innen Verlass, dass es sich lohnen wird.

Daniel Waldhuber, Andreas Zimmermann

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