Festival-Nachbericht

T-Mobile Extreme Playgrounds


Die Widersprüche, mit denen die "T-Mobile Extreme Playgrounds" aufwarteten, in einem Satz wiedergeben? Unmöglich. 15jährige Emo-Kiddies treffen auf gestandene BMX-Fahrer jenseits der 30, bei denen jeder Knochen schon mindestens einmal gebrochen war. Punk-Idole aus den 90ern spielen auf einer riesigen Werbeveranstaltung in 2008. Nicht einmal 5000 Menschen verlaufen sich in den Weiten des Tempodroms. Überall Bildschirme, Containerboxen zum Singstar und Guitar Hero spielen, Werbebanner, Merchandising und Bratwurst- sowie Haribobuden, aber die Garderobe für tausende Besucher wird von fünf völlig überforderten Frauen jenseits der 60 bedient, die fast von den drängenden Massen erdrückt werden. Lauter durstige Menschen laufen ewig weit zu den Getränkeständen. Kameras jenseits des Handyformates darf man nicht mit hineinnehmen, weil sie "zu professionell" sind. Dafür gibt es für verwackelte Handybilder einen Wettbewerb.

Tja, was soll man dazu noch sagen? T-Mobile wird sich im letzten Jahr gedacht haben: "Warum nicht so ein Riesen-Event aus dem Boden stampfen, wenn man damit womöglich Geld machen kann?" Scheinbar warf das Event tatsächlich Geld ab und so kam es am Wochenende zu einer Neuauflage. Heikel ist es, wenn eine solch große Veranstaltung nicht wachsen konnte. Es fehlt an Authentizität, es gibt keine Bindung zu der Veranstaltung und nicht einmal zwischen den verschiedenen Zielgruppen: Punks mit Antifashirts und Ipod, Jugendliche, Skater, Musikfreunde, alle sind sie da, aber die wenigsten wirken zufrieden.

Skate- und BMX-Event als eigentlicher Kern der Veranstaltung gehen vollkommen unter. Die Zuschauer bei den Vert-Entscheidungen verlieren sich fast, vielleicht sind es 500-600, die sich vor die gigantische Half-Pipe verirrt haben. Es gibt verdammt fette Runs zu sehen, aber das weiß kaum jemand zu würdigen. Der völlig deplatzierte, nervend-aufgedreht wirkende Moderator schafft es nicht, das Publikum in Stimmung zu bringen und so werden die genialen Finalläufe mit kaum mehr als einem braven Klatschen bedacht. Fast traurig, wie seitens der Moderation versucht wird, um Applaus zu betteln.

Die Musik? Sugarplum Fairy spielten zu früh, bei No Fun At All war der Name Programm, sie wirkten wie eine Truppe musikmachender Mathe- und Physiklehrer. Und The Offspring? Immerhin die Band, wegen der sich wohl 80% der Besucher ihr Ticket gekauft haben? Nun, man muss ihnen schon zu Gute halten, dass sie eine solche Halle rocken können. Die Band spielt so laut und schnell, dass der Großteil mittanzen muss. Unter neue Stücke vom 2008er Album "Rise And Fall, Rage And Grace" werden die Klassiker wie "Have You Ever", "Staring At The Sun" und "Pretty Fly" gemischt, die es schaffen, die Massen zu begeistern. Vor der Bühne ist einiges an Betrieb, vielleicht auch, weil MTV überträgt. Allerdings wirkt nicht mehr jeder Song so richtig inspiriert oder lebendig. Nach tausenden Malen "Self Esteem" kann die Band dieses La-La-Lalala wahrscheinlich selbst nicht mehr hören.

Daran, dass es sich um ein Punk-Konzert handelt, darf man angesichts dieser Werbeflut und medialer Reizüberflutung nicht mal denken. Bezeichnend, dass es in der T-Mobile-Lounge Flatscreen-TVs gab, auf denen man das Konzert auf einem magentafarbenen Liegesack betrachten konnte, obwohl die Bühne nur zehn Zentimeter Sichtfeld davon entfernt gewesen wäre. Bleibt nur die Frage, warum man für ein solches Event Eintritt bezahlt, um dann X-Box, Singstar und Guitar Hero zu spielen und sich das Konzert vor einem Fernseher anzuschauen. Achja, vielleicht wegen der tollen X-Treme-Playgrounds-T-Shirts, die kostenlos verteilt wurden.

Mischa Karth, Klaus Porst

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