Festival-Nachbericht

Highfield Festival


Was würde sich mehr anbieten, als schon in der Einleitung dieses Festivalberichts darauf zu verweisen, wie emotional doch das letzte Highfield am namensgebenden Stausee Hohenfelden eigentlich war? Nun, eigentlich nichts. Es sei denn, es hätte sich ganz anders zugetragen. Und irgendwie hat es das tatsächlich. Denn abgesehen von einigen Shirts, deren Aufdrucke das Festival voller Pessimismus zu Grabe trugen, merkte man vordergründig nicht wirklich, dass sich das Highfield ab 2010 eine neue Bleibe suchen müsste. Und das ist gar nicht einmal so negativ gemeint.

Der Charakter des Festivals fand dieses Jahr noch einmal seine volle Entfaltung. Wie dieser genau aussieht? Mal eben aufs Line-Up geschaut und ein Zusammenhang zwischen folgenden Bands hergestellt: Zebrahead, AFI, Rise Against, The Offspring, Die Toten Hosen, Farin Urlaub Racing Team, Riverboat Gamblers, Turbostaat. Hier sollte sich keine Trauerfeier zutragen. Das Motto war klar, die Tempi flott und die Stimmung entsprechend euphorisch. Und Dosenbier gab's auch für geringes Entgelt. Alle Weichen auf Punkrock!

Perlen des Indie und so manch unbeschriebenen Newcomer gab es natürlich auch. Port O'Brien durften sich mit müder Vorstellung in der Mittagssonne des Freitags zu keiner der beiden Kategorien hinzuzählen, wenn auch ihr guter Ruf ihnen vorauseilen mag. Get Well Soon wurden ihrem eigenen dann mehr als gerecht und brachten ihre progressive Version des Pop zu siebt und mit akribischer Präzision auf die Bühne. Kontrastprogramm gab's im Zelt, wo die vier anbetungswürdigen Norwegerinnen von Katzenjammer mit ihrem ulkigen Hybrid aus Pop, Folk und Polka die Besucher der Zeltbühne mächtig ins Schwitzen brachten. Dort trug sich dann auch die Überraschung des Festivals zu: Dendemann. Der sah nämlich nicht nur aus wie eine Kreuzung aus Penner und einem Mitglied der Hells Angels, sondern trat doch gar mit Band auf. Entsprechend rockiger fielen die neuen Songs aus, doch gewann Dende auch die Fans der alten Stunde. Weiterhin spannend wurde es dann bei den Arctic Monkeys: Deren neue Platte "Humbug" war dem Publikum aufgrund des Releases am Freitag noch unbekannt und so konnten die Briten als Headliner beim Highfield das neue Material ausgiebig testen. Ergebnis: anscheinend klingt ihr Drittling psychedelischer, subtiler und verzwickter als früher.

Samstag outeten sich dann Veto als schwarzes Schaf des Vormittags: Deren kühler Elektro-Rock ergab eine frische Abwechslung zum bis dato harmoniesüchtigen Lineup des zweiten Tages. Brody Dalle bewies dann mit Spinnerette, dass sie auch ohne die Distillers noch genug zu sagen hat, während Thees Uhlmann das Publikum bat, Wahlplakate der NPD zu pflücken. Jeweils zwei wären ihm ein Tomte-Shirt wert. Hoffen wir, dass das Angebot zahlreich wahrgenommen wurde. Im Zelt begann genau nach Tomte mit einer Serie von Indiebands ein Freudenfest für jeden, der mit The Offspring nichts anfangen konnte. Aber waren das so viele? So voll wie bei denen war der Platz nämlich nur noch bei den Toten Hosen. Und in Sachen Mitsingquote und Rumgehüpfe nahmen sich die beiden Acts auch nichts. Schade nur, dass die Reihen beim eigentlichen Headliner des Samstages, nämlich Faith No More, doch wesentlich lichter waren. Kein Wunder, schien so mancher Besucher doch von der ungeheuren Bandbreite der Band vollkommen überfordert zu sein. Alle Gebliebenen erlebten dafür eines der absoluten Highlights des Festivals und den Beweis, dass Reunions im Jahr 2009 auch sinnvoll sein können.

Zebrahead punkteten am letzten Tag mit gebrochenem und vulgärstem Deutsch und atemloser Show mit kübelweise zu verschüttender Energie. Dabei waren die Jungs nach eigener Aussage selbst vollkommen verkatert und nicht wenige fühlten sich da sicherlich bestätigt. Selig hatten sichtlich Spaß, nach ihrer langen Live-Abstinenz auch mal Festivals zu bespielen, während AFIs Auswahl an Tophits leider unter miserabel abgenommenen Mikrofonen litt. Apocalyptica und die Deftones durften sich dann die Krone für die härtesten Bands des Festivals teilen, vor allem der brachiale Sound letzterer ging in Mark und Bein über. Wie es sich eben für eine hardcorestämmige Band gehört, wurde es bei Rise Against ordentlich brutal: Wall Of Death, Circle Pits, jede Menge Staub zum Fressen – gab's alles. Wer dann bei den Toten Hosen noch Energie hatte, war nach derem fraglos umfangreichen Set endgültig reif für den Urlaub. Alternativ gab es noch Oberexzentriker Patrick Wolf im Zelt, dessen Livepräsenz und Wandelbarkeit fraglos beeindruckend waren.

Nach dem musikalischen Teil des Festivals konnten sich alle am Montag Heimkehrenden noch einmal an der effizienten Organisation erfreuen: unkomplizierte Müllrücknahme, regelmäßig taktierte Shuttlebusse zum Erfurter Hauptbahnhof und akzeptable Distanzen zwischen jeweiligen Dreh- und Angelpunkten. Etwas wehmütig blickte mancher bei der Abreise dann schon auf den idyllischen Stausee und die schöne Therme, die Festival- von Campinggelände trennte und zum morgendlichen Badegang einlud. Aber glasklar sein sollte jedem: der Abschied vom Stausee Hohenfelden war eine große Party und der diesjährige Punkcharakter des Festivals war genau das Richtige zum Abschied. Warum auch Trauerfeiern ausrichten? Sind eh ein Widerspruch in sich.

Gordon Barnard

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