Festival-Nachbericht

Burning Eagle Festival 2016


Beim Burning Eagle Festival anzukommen ist ein wenig wie heimkommen. Selbst nach der stressigsten Woche fällt hier im Grünen innerhalb von Minuten alles von einem ab. Eher Kurzurlaub als Festival. Eher Gartenparty als Exzess. Die charmante Veranstaltung am Fuß der Alb hat uns aufs Neue verzaubert.

Den Status als Geheimtipp hat das Burning Eagle dieses Jahr wohl endgültig hinter sich gelassen. Ungefähr einen Monat vor dem Startschuss verkünden die Macher: Ausverkauft. Und man gönnt ihnen den regen Zuspruch sehr. Denn nicht wenige haben sich bestimmt schon gefragt, wie sich das Festival mit seinem erstaunlich günstigen Ticketpreis und der begrenzten Fläche finanziert. Die Mikroökonomie funktioniert auf dieser Wiese bei Reutlingen am letzten Juli-Wochenende anders: durch Leidenschaft und Enthusiasmus. Eine Währung so wertvoll, dass man sie an keiner Börse bekommt.


Photo Credit: Christoph Herzog

Leidenschaftlich ist auch das Verhältnis von Aidan Knight und Dan Mangan. Gut befreundet und scheinbar dauernd zusammen auf Tour sind die beiden auch beim Burning Eagle im Doppelpack unterwegs. Dan Mangan hat, nachdem sein Kumpel höflicherweise sehr pünktlich von der Bühne geht, Zeit für einen entspannten Soundcheck. 20 Minuten früher startklar als geplant bietet er an, doch einfach jetzt schon anzufangen und länger zu spielen. Natürlich nur, wenn es niemanden stört – "I understand that you Germans love schedules so I don't want to offend anybody", fügt er schelmisch hinzu. Zum Glück beschwert sich niemand, ganz im Gegenteil gibt es begeisterten Applaus.

Der erste Abend endet nicht minder sympathisch mit dem Auftritt von Martin Kohlstedt. Der pendelt zwischen dem Piano und elektronischen Sounds und versinkt dabei völlig in seinen Melodien. Zwischendrin ist er wieder ganz da, was seine verschmitzten Ansagen beweisen. So etwa nach einem besonders euphorischen Stück, das er kommentiert mit: "Das war jetzt ein wenig drüber, ich hab's auch gemerkt, aber es war dann nicht mehr aufzuhalten – sorry dafür!"


Martin Kohlstedt // Photo Credit: Christoph Herzog

Auch am zweiten Tag schallt der Adler-Ruf – "Bogaaak!" – über die beschauliche Waldlichtung des Listhofs. Und das Programm wird von den Reutlinger Local Heroes Morphil auf der danach benannten "Bogak Stage" eröffnet. Der Ringer aus Hamburg bringen dann etwas Abwechslung zum ansonsten eher homogenen Indie-Folk, der das Festival am ersten Tag dominiert. Etwas kühler, etwas experimentierfreudiger und definitiv das erste Highlight des Tages.

Mit den spielfreudigen William The Conqueror, l'Aupaire und der niederländischen Supergroup Black Oak geht es dann wieder zurück in eher folkigere Gefilde. Ganz Conqueror-like erobern sich die ersten dieser Reihe ganz selbstverständlich ihren Platz auf der großen Bühne statt, wie im Programmflyer angekündigt, mit der kleineren Vorlieb zu nehmen. Den ZuhörerInnen soll es recht sein, kann man doch einfach in der Sonne oder auf einem der beliebten Schattenplätze sitzen/liegen/stehen bleiben.

Trümmer schaffen es dann endlich, für etwas Bewegung im erstaunlich trägen Publikum zu sorgen. Das liegt sicher nicht nur an der allmählich sinkenden Temperatur, sondern die Band um Sänger Paul Pötsch liefert einen erwartungsgemäß überragenden Auftritt ab. We Are The City stechen stilistisch an diesem insgesamt abwechslungsreicheren zweiten Tag am meisten heraus. Leider hat die kanadische Band anfangs mit argen Soundproblemen zu kämpfen. Böse Zungen behaupten, dass auch danach oft nicht ganz klar war, welcher Soundeffekt jetzt beabsichtigt und welcher nur ein Unfall ist.

Es wäre aber auch fast egal gewesen, wenn sie alles kaputt gemacht hätten, denn es war auch sowieso das letzte Konzert auf der großen Bühne. Diese wurde anschließend mit Danksagungen des Veranstalters und – wie es im Festivalsommer 2016 wohl zum guten Ton gehört – einer Unwetterwarnung an die Camper dichtgemacht. Die dänisch-isländischen Newcomer Vil bereiten danach auf der kleinen Bühne einen angemessenen Ausklang dieses zauberhaften Festivals – mit Piano und elektrischer Zahnbürste.


Photo Credit: Christoph Herzog

Christoph Herzog

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