Festival-Nachbericht

Burning Eagle Festival 2014


Wenn zwei Tage vergehen wie im Flug und auch morgendlicher Dauerregen und Mittagsgewitter die Stimmung nicht stören konnten, wird man sich bewusst, dass man eine Perle der deutschen Festivalkultur für sich entdeckt hat. Eine kleine Geschichte vom Burning Eagle Festival 2014.

Bei 700 Gästen und einem moderaten Preis ist es umso erstaunlicher, wie es Dennis Adler und Henrik Junker geschafft haben, eine Veranstaltung ins Leben zu rufen, die noch genau so als Geheimtipp gelten darf, wie die 16 Bands, die wir das Vergnügen hatten, sehen zu dürfen. Auch ohne großes Budget ist es möglich, ein musikalisches Kleinod auf das andere folgen zu lassen.

Doch der eigentliche Star war das Festival selbst, welches auf einer kleinen Obstwiese auf dem Listhof stattfinden konnte, die so malerisch ist, dass sie einem Astrid-Lindgren-Roman hätte entspringen können. Dieser Beschreibung würde die Wiese auch ohne das kleinste bisschen Dekoration gerecht, doch an dieser sollte es nicht mangeln. Ausgeschnittene Holzvögel, Papiervögel mit Käfigen in den Bäumen, Girlanden und aus Watte geformte – und in der Nacht beleuchtete – Wolken passten wunderbar ins Bild und machten deutlich, wie viel Verspieltheit und Detailverliebtheit in diesem Festival steckt. Abgerundet wurde das Bild durch die lokalen und durchgehend überzeugenden Stände wie dem Reutlinger Plattenlädle mit gezielter, freundlicher Beratung, dem Reutlinger Weltladen mit fair gehandelten Produkten oder dem Stand von better2gether mit schönen, nicht weniger fair gehandelten Shirts. Auch für das leibliche Wohl wurde hervorragend gesorgt: Das Bio-Bier war ebenso beliebt wie die Mate-Tee-Cocktails und die Entscheidung zwischen leckeren Albgold-Gerichten oder den köstlichen Dinnede, die es in reichlicher und zum Teil ausgefallener Auswahl gab, fiel zuweilen sehr schwer. Wer hätte gedacht, das diese schwäbische Flammkuchenvariante derart süchtig macht?

Während man normalerweise bei Musikveranstaltungen froh ist, wenn man irgendwo eine der raren freien Sitzgelegenheiten erspähen kann und schnell genug ist, diese auch zu erreichen, bevor sie ein anderer ergattert hat, ist es hier beinahe umgekehrt: Liegestühle, Sitzbänke, Getränkekisten mit Holzdeckel oder die selbst mitgebrachten Campingstühle und Picknickdecken sorgten dafür, dass zumeist die stehenden Menschen in der Unterzahl waren. Bei Geschichtenerzählern wie Fredrik Karlsson, dem Frontman von Solander, oder David Lemaitre, die neben ihren ausgefeilten Songtexten auch mit zahlreichen Anekdoten zu gefallen wussten, hätte es wohl keine angemessenere Körperhaltung gegeben, um die Erfahrung auf sich wirken zu lassen. Das Freitagabendhighlight war Lubomyr Melnyk, ein sechzigjähriger ukrainischer Pianist, der mit seinem famosen und rasanten Pianospiel in zwei langen Stücken zahlreiche Kiefer nach unten klappen ließ.

Natürlich gab es auch jene Momente, in denen es sich kaum jemand nehmen lassen konnte, aufzuspringen und sich von der Musik mitreißen zu lassen. Die beiden Headliner Son Lux, mit elektronischen Samples und intensiven, experimentellem Stil, und Fujiya & Miyagi mit beat-lastigem Pop, hatten eigentlich die besten Voraussetzungen, das entspannte Publikum zu einer tanzenden Meute zu verwanden. Das gelang ihnen durchaus, doch dem Auftritt von der Songwritersupergroup Die Höchste Eisenbahn konnten die beiden nicht ganz das Wasser reichen. Die vier Multiinstrumentalisten hatten die Zuschauer schon bei ihrem ersten Song im Sturm erobert und sollten mit der starken Bühnenpräsenz, ihrem Charme und ihrer Raffinesse noch lange im Ohr der Festivalgäste verweilen.

Nicht nur die Musiker, sondern auch die Festivalbesucher waren bunt gemischt. Selbst die Kleinsten waren schon in erstaunlich großer Zahl vertreten, auch wenn diese zu späterer Stunde die mitreißende Musik zuweilen verschlafen haben. Die Stimmung war angenehm entspannt, verzaubert und lud zum Verweilen, Genießen oder Plaudern ebenso ein, wie zum Tanzen und Mitsingen. So war es wundervoll und so darf es auch gerne sein, wenn wir uns nächstes Jahr wiedersehen.

Marcel Eike

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