Festival-Nachbericht

Appletree Garden Festival 2016


Das Appletree Garden Festival in Diepholz hat in der nunmehr 16. Ausgabe bewiesen, dass es dem Druck auf ein durchaus beliebtes Festival weiterhin standhalten kann. Den Status des kleinen niedlichen Festivals, dem man auch mal gröbere Schnitzer verzeihen kann, ist das Appletree langsam losgeworden, mit allen Vor- und Nachteilen.

Man hat sich vergrößert, der Donnerstag gehört seit mindestens zwei Jahren zum festen Repertoire der Besucher und die Zirkusbühne, die mit Lesungen und Zaubershows aufwarten kann, ist als weitere Alternative ins Programm eingegangen. Mit großem Festival geht auch große Verantwortung – so oder so ähnlich könnte man die Situation in Diepholz umschreiben. Auch wenn die Besucherzahl seit einiger Zeit konstant gleich bleibt, die Veranstaltung wird von Jahr zu Jahr immer schneller ausverkauft und die Macher des Festivals versuchen alles, um die Organisation immer weiter zu verbessern. Darum wurden 2016 die altbekannten Dixies durch ökologischere Toiletten ersetzt und der Eingang zum Festivalgelände versetzt. Was prinzipiell nach einer guten Idee klingt, hat nicht ganz nach Plan funktioniert. Wie die letzten Jahre gab es immer noch zu wenig Klos und der Einlass hat länger gedauert als in den vergangenen Jahren, was jedoch auch an den tragischen Vorkommnissen der letzten Wochen, wie etwa in Ansbach, gelegen haben kann.

Wenn man aber über diese kleineren Probleme hinwegsehen kann, bietet das Appletree Garden mit der Mischung aus durchdachtem Gelände, nettem Publikum, schönem Line-up und Schwimmbad eine nahezu unschlagbare Kombination. Musikalisch sind die Macher ihrem Weg in Richtung Elektro/Indie treu geblieben, auch wenn man sich vielleicht hier und da ein wenig mehr Gitarren gewünscht hätte. Trotzdem gab es natürlich wieder viel zu sehen, etwa Oddisee aus den USA, der mit seinem live gespielten Oldschool-Hip-Hop alle Beine zum Tanzen brachte. Highlight war dabei, als sein Hit "That's Love" und der immer wiederkehrende Refrain durch die Baumwipfel des Bürgerparks in Diepholz klang ? Gänsehaut. Ähnliche Gefühle rief David August hervor, der nicht nur mit seinem DJ-Pult, sondern unterstützt durch Gitarre und Schlagzeug den Boden vor der Waldbühne zum Beben brachte und damit für permanente Glücksgefühle sorgte. Ein vergleichbares Maß an ausgelassenem Tanzen ließ sich wahrscheinlich erst wieder am frühen Samstagabend finden, als mit Roosevelt aus Köln der vielleicht größte elektronische Newcomer des Jahres die Bühne betrat. Hits, Hits und noch mehr Hits lieferte der ehemalige Schlagzeuger der Band Beat! Beat! Beat! auf der Mainstage des Festivals ab und brachte dabei auch die letzten Reihen zum Schwitzen.


Parcels // Foto-Credit: Lukas Haese

Und wer von der Musik einfach mal seine Ruhe brauchte, fand diese bei Dirk Gieselmann, der in einer Lesung seine wunderbar pointierten Texte über Berlin (weniger klischeebelastet als nur Altbau- und Liebeskummer) oder das Leben als mäßig talentierter Jugendfußballer auf dem Dorf vortrug. Diese kleineren und bis dato eher unbekannten Künstler sorgten dafür, dass man auch wohlwollend über das nicht ganz ausgegorene Booking in den oberen Reihen hinwegsehen konnte. Natürlich ist es verständlich, dass man mit seinen Connections gerne Acts wie Bilderbuch oder AnnenMayKantereit bucht, jedoch blieb der Spaß bei Stammgästen eher auf der Strecke, waren die beiden Bands doch schon in den letzten Jahren in Diepholz zu Gast. Erst Recht letztere blieben den Beweis, warum sie eigentlich so unglaublich groß geworden sind, zum wiederholten Male schuldig. Musikalisch klangen sie eher wie die Schulband des Diepholzer Gymnasiums und mit dem dritten Song "Come Together", einem Beatles-Cover, bestenfalls genauso einfallsreich.

Trotzdem sitzt man nach drei Tagen unglaublich zufrieden auf dem Campingplatz. Ob es nun am Schwimmbad, an den Bands oder an dem Gelände lag, jedes Mal beginnt man schon nach kurzer Zeit die grünen Wiesen von Diepholz zu vermissen. Nächstes Mal hoffentlich ohne Freundschaftsdienste ausgelutschter Headliner.

Weitere Fotos gibt es im Fotoalbum auf unserer Facebook-Seite.

Lewis Wellbrock

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